Regionale Wirtschaft präsentiert Ideen zur Bahnstadt

Home News, Neues aus den Verbänden

01.12.2021

Die Braunschweiger Bahnstadt südlich gelegen vom Hauptbahnhof ist eines der größten innerstädtischen
Stadtbauprojekte Norddeutschlands. Gemeinsam mit dem Stadtplanungsbüro Brederlau und Holik hat die Stadtverwaltung kürzlich ihre Gedanken zur Rahmenplanung des Areals präsentiert und dabei wichtige Ideen und Impulse der zurückliegenden Beteiligungsprozesse von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft aufgegriffen.

 

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 

Der Arbeitgeberverband Region Braunschweig e. V. hat sehr früh auf die einmaligen Chancen des Projekts für die ganze Region hingewiesen und nun mit einer eigenen Ideenpräsentation auf die Rahmenplanung der Stadt aufgesetzt. „Wir können in der Bahnstadt einen echten europäischen Leuchtturm schaffen, der die ganze Innovationsstärke unserer Region sichtbar macht und überregional Talente anlockt, um hier an den großen Zukunftsthemen zu arbeiten. Das ist eine einmalige Chance nicht nur für die Stadt Braunschweig, sondern die ganze Wirtschaftsregion. Deswegen haben wir als Verband das Thema bereits 2018 auf die Agenda genommen und unter dem Titel Brunswick Railquarters ein Netzwerk aus über 80 Unternehmen und Institutionen ins Leben gerufen, die ihre Ideen und Impulse zur Entwicklung des Areals beisteuern.“, erklärte Thorsten Sponholz als Vorstandsmitglied des Arbeitgeberverbandes Region Braunschweig.

 

Damit eröffnete Sponholz die Präsentation jener Ergebnisse, die der Arbeitgeberverband Region Braunschweig erarbeitet hat. Unterstützung fand der Verband dabei in der Initiative spaces4future. Der Zusammenschluss unterschiedlicher Experten*Innen versteht sich als Thinktank für die Arbeitswelt und Stadtentwicklung der Zukunft. Bernd Fels von if5, einem Beratungs- und Planungsunternehmen für Neue Arbeitswelten, ist Gründer der Initiative und hat gemeinsam mit dem AGV Region Braunschweig die Ideen und Impulse der regionalen Wirtschaft zu konkreten Entwicklungsideen im Areal der Bahnstadt kristallisiert. „Wir  folgen mit unseren Ideen dem Motto: Think big, start small and act fast. Wir müssen uns große Ideen zutrauen, aber dürfen nicht viele Jahre verlieren, in denen wir nur an Megaprojekten planen. Unser Ziel sollte sein, schon in den kommenden Jahren erste Orte in der Bahnstadt erlebbar zu machen, aus denen eine Dynamik für das gesamte Areal entstehen kann.“, erklärt Bernd Fels zur Einführung der dafür notwendigen drei identifizierten Handlungsfelder.

 

Unter dem Stichwort „Verbinden und Vernetzen“ wollen AGV und spaces4future eine Anbindung der Bahnstadt an den Rest der Stadt und Region sicherstellen. „Die Bahnstadt darf keine Konkurrenz zur Braunschweiger Innenstadt sein, sie muss vernetzt mit ihr und dem Rest der Stadt gedacht werden. Dafür braucht es eine attraktive Verbindungsroute für Menschen und Warenlogistik.“, erklärt Fels und präsentiert die Idee einer Brücke, die womöglich sogar über die Dächer des BraWo-Parks in die Bahnstadt führen könnte und aus der Innenstadt mit einer grünen, innovativen Tangente bis in die Nordstadt verlängert werden kann. „Das folgt dem Anspruch groß zu denken. Aber wir sehen natürlich auch, dass der Durchbruch des Gepäcktunnels unter den Gleisen sehr schnell eine erste Verbindungsroute schaffen kann.“

 

Als zweites Handlungsfeld stellte Florian Bernschneider, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Region Braunschweig, das Thema „Arbeits- und Lernwelten“ vor. „Gerade dort, wo Wissensarbeit, Produktion und Logistik miteinander verbunden sind, fehlen unserer regionalen Wirtschaft Entwicklungsflächen. Das liegt auch daran, dass wir in der Städteplanung historisch lange in Inseln gedacht haben. Hier die Fertigung, dort die Bürogebäude und anderswo die Uni. Heute merken wir, dass man die echten Treiber unserer Wirtschaft nicht mehr in solchen Silos denken darf und Räume braucht, die Verbindung schaffen.“, erklärt Bernschneider und skizziert im Güterbahnhof und der großen Logistikhalle neben dem Lokpark mögliche Ausgangspunkte für eine schnelle Erschließung solcher Flächen.

Dabei setzt der Verband bei seinen Überlegungen auf die bestehende Gebäudeinfrastruktur. Sockönnten nicht nur schnell erste Ergebnisse realisiert werden, sondern auch ökologisch nachhaltig gehandelt und der große Charme des Areals erhalten bleiben. „Wir haben ganz bewusst nicht zuerst gefragt, welche neuen Gebäude wir bauen könnten, sondern welche Wertschöpfungketten mit der Bahnstadt möglich wären.“, erläutert Florian Bernschneider und skizziert als eine der möglichen Ideen, dass C02-Emissionen aus der Region mittels einer Algenfarm in der Bahnstadt zu Bau- oder Textilmaterial umgewandelt und von der Automobilindustrie oder dem Textilhandel der Innenstadt verwertet werden könnte. „Hier können Technologien und Wirtschaftskonzepte erprobt werden, die die Lebensqualität unserer Region erhöhen und gleichermaßen zum Verkaufsschlager in andere Regionen der Welt werden könnten.“ Bernd Fels von spaces4future machte deutlich, dass es genau dafür aber auch die richtigen Talente und Köpfe in der Bahnstadt braucht, die sich nicht nur nach spannenden Projekten, sondern auch nach
guten Wohnarten in der Bahnstadt und einer attraktiven Umgebung sehnen, in der „Kultur und Community“ erlebbar sein müssen. Unter dieser dritten Überschrift erläuterte Fels Ideen, wie in die Bahnstadt Großstadtflair einziehen kann. Ausgangspunkt dafür könnte abseits des eigentlichen Betrachtungsgebiets die Echobrücke zum Kennelbad sein, von der aus man einen einmaligen Blick auf das Areal hat. „Dort oben, wo das Ringgleis ohnehin nach einem Lückenschluss schreit, könnte man mit Leichtbau eine Art Pioneers-Club bauen, in dem sich schon jetzt die Vordenker aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft treffen.“ Aber auch inmitten des Areals sieht Fels Chancen für angesagte Treffpunkte und Kultureinrichtungen. „Entlang der Ackerstraße oder auch am Güterbahnhof kann man in bestehender Infrastruktur neue Treffpunkte schaffen, die junge Talente bisher eher in Berlin als in Braunschweig finden.“

 

Thorsten Sponholz macht klar, dass man sich bei den Überlegungen bewusst von mancher städtebaulichen Konvention getrennt hat. „Wir haben versucht, vor allem in Chancen zu denken. Deswegen haben wir ganz bewusst auf einem weißen Blatt Papier gedacht und weniger Statik, Eigentumsrechte und Bauvorschriften in den Mittelpunkt gestellt. Es wird deswegen manche Bedenken geben, aber wir müssen uns auch Irritationen trauen, wenn man einen echten Leuchtturm erschaffen will.“

 

Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer freut sich jedenfalls über die innovativen Impulse aus der regionalen Wirtschaft. „Viele der Ideen des AGV verbinden sich sehr gut mit unseren Vorstellungen der Rahmenplanung. Wir freuen uns, dass die regionale Wirtschaft so proaktiv Ideen zur Entwicklung dieses wichtigen Städtebauprojekts beisteuert. Mit einem breiten Engagement der regionalen Wirtschaft kann die Bahnstadt zu einem ganz besonderen Quartier werden.“ Ob und wie sich der AGV und spaces4future weiter in das Projekt Bahnstadt einbringen, sollen die kommenden Monate zeigen. „Unser Anspruch war es, nicht nur Forderungen zu stellen, sondern auch konkrete Vorschläge zu machen. Das tun wir mit den vorliegenden Ergebnissen.“, erklärt Florian Bernschneider und macht deutlich, dass Städteplanung ganz sicher keine neue Daueraufgabe des AGV werden soll. Dennoch steht man in einem Netzwerk mit spaces4future für weitere Schritte bereit, damit aus den Plänen konkrete Maßnahmen werden. „Wir sind gespannt, wie unsere Ideen in den weiteren Planungen der Stadt und von den Grundstückseigentümern aufgenommen werden. Wenn unsere Ideen konkretisiert werden sollen, steht ein starkes Netzwerk im AGV und das Team von spaces4future dafür zur Verfügung.“, erklärt Bernd Fels abschließend.