Ampel stellt Eckpunkte vor: Neue Chancen für Recruiting im Ausland

Allgemein, Arbeitsrecht, Hr-Management

13.12.2022

Ende November hat das Bundeskabinett Eckpunkte zur Veränderung des Einwanderungsrechts beschlossen und plant damit eine umfassende Modernisierung und Vereinfachung zur Einwanderung von Arbeitskräften aus Drittstaaten nach Deutschland. Unternehmen, die bereits Arbeitskräfte außerhalb der EU rekrutieren oder darüber nachdenken, sollten sich mit den geplanten Änderungen auseinandersetzen. Im Frühjahr 2023 sollen die Eckpunkte in Gesetz gegossen werden. Das umfängliche Eckpunktpapier der Bundesregierung finden Sie hier. Die wesentlichen Änderungen haben wir Ihnen hier bereits zusammengefasst.

 

Qualifizierte Zuwanderung für Fachkräfte soll vereinfacht werden

Auch künftig ist es oberhalb bestimmter Gehaltsgrenzen (derzeit 56.400 EUR Bruttojahreseinkommen) möglich, Fachkräfte aus Drittstaaten ohne weitere Prüfungen der Bundesarbeitsagentur im Rahmen der sog. Blauen Karte EU zu beschäftigen.

Die Gehaltsgrenze definiert sich bisher an mindestens zwei Dritteln der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung. Für Engpassberufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und der Humanmedizin) gilt weiter eine reduzierte Grenze (derzeit 43.992 EUR).

Diese Grenzwerte sollen sich künftig an das 1,25-fache (bzw. das 1,0-fache bei  Engpassberufen) des Durchschnittsjahresbruttogehalts orientieren. Angenommen es handelt sich dabei um das Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung (Kenngröße ist nicht klar im Eckpunktepapier definiert) entspräche dieser Wert künftig (angenommene Werte aus 2022) 48.626,25 EUR bzw. für Engpassberufe 38.901 EUR pro Jahr, was eine deutliche Absenkung der bisherigen Gehaltsgrenzen bedeuten würde.

In beiden Fällen muss ein Arbeitsvertrag geschlossen sein.

Neu soll außerdem im Rahmen der Blauen Karte u.a. sein:  

  • Die Blaue Karte ist nicht mehr an ein abgeschlossenes Hochschulstudium gekoppelt.
  • Die Fachkraft kann mit jedem anerkannten beruflichen Abschluss einwandern.
  • Für Berufsanfänger gilt dabei künftig auch nur noch die reduzierte Gehaltsgrenze, die für Engpassberufe angenommen wird.
  • Die Beschäftigung in Deutschland muss nicht in dem ursprünglichen Ausbildungsberuf erfolgen. Handelt es sich also um einen nicht-reglementierten Beruf, ist nur wichtig, dass ein qualifizierter Berufs- oder Studienabschluss vorliegt, nicht welcher.
  • Zukünftig soll eine teilweise Gleichwertigkeit der Abschlüsse Grundlage für eine Anerkennung werden.

Zentrale Plattform zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse soll die Plattform https://www.anerkennung-in-deutschland.de sein.

Außerdem soll die Bildungsmigration gestärkt werden. Dazu sollen unterschiedliche Hürden beim Zugang ins Studium und die Wissenschaft überprüft und abgesenkt werden. Künftig soll es auch möglich sein, eine Berufsausbildung ohne vorherige Vorrangprüfung anzutreten.

 

Zuwanderung soll auch ohne vorherige Anerkennung des Abschlusses möglich sein

Wenn keine Anerkennung eines Berufsabschlusses möglich ist, genügt ein ausländischer Abschluss in Verbindung mit einer mindestens zweijährigen und nachgewiesenen Berufserfahrung in dem Beruf, der ausgeübt werden soll. Auch in diesem Fall ist ein geschlossener Arbeitsvertrag zur Zuwanderung notwendig.

In dem Entwurf heißt es für diesen Fall zur Gehaltsschwelle: „Die Gehaltsschwelle setzen wir auf 45% der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung fest.“ Für das Jahr 2022 entspräche das einem Mindestgehalt von 38.070 EUR. Bei Tarifbindung des Betriebes ist eine Abweichung nach unten möglich. Die Anerkennung ausreichender Sprachkenntnisse obliegt allein dem Arbeitgeber.

Außerdem ist im Eckpunktepapier vermerkt, dass IT-Fachkräfte im Rahmen der Zuwanderung wie Engpassberufe bei der Gehaltsgrenze der Blauen Karte EU behandelt werden sollen. Dies entspräche 38.901 EUR, wenn die oben aufgeführte Annahme des Bezugswertes zutreffend ist. Allerdings scheinen diese Werte im Eckpunktepapier noch nicht schlüssig und logisch aufeinander aufzubauen. Eine konkrete Ausgestaltung bleibt also abzuwarten.

 

Zuwanderung soll auch ohne geschlossenen Arbeitsvertrag möglich sein

Drittstaatenangehörige mit gutem Potenzial sollen entsprechend einem Punktesystem (Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter) eine Chancenkarte erhalten können. Mit dieser Chancenkarte ist eine Zuwanderung zur Arbeitsplatzsuche in Deutschland möglich. Während der Suche sollen Nebenbeschäftigungen von 20 Stunden je Woche sowie Probebeschäftigungen in Vollzeit möglich sein.

In dem Eckpunktepapier werden außerdem unterschiedliche Maßnahmen für Marketing- und Recruitingmaßnahmen im Ausland beschrieben. Hierbei soll u.a. die Plattform https://www.make-it-in-germany.com/de/ als Stellenplattform zur Anwerbung gestärkt werden. Verfahren und Prozesse sollen vereinfacht werden. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und alternativer bzw. praxisbasierter Feststellungverfahren sollen vereinfacht werden und unterschiedliche Anstrengungen für eine bessere Willkommens- und Anerkennungskultur unternommen werden.