Seminarraum gut gefüllt
Volle Räume beim AGV – rund 80 Gäste, überwiegend weiblich, lockte der Titel Frauen und Karriere in den großen Seminarraum. Eingeladen hatten der Überbetriebliche Verbund Frau und Beruf e.V., die VHS und der Arbeitgeberverband Region Braunschweig zu einem Impulsvortrag von Dr. Wiebke Ankersen, Geschäftsführerin der AllBright Stiftung. Die Organisation befasst sich mit der Situationen in Deutschland und Schweden, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen mit Frauen geht. In der anschließenden Podiumsdiskussion ging es um die aktuelle Lage in den Unternehmen der Region.
Die Moderation kam von Cordula Miosga, Geschäftsführerin Arbeitgeberverband Region Braunschweig e.V. Auf dem Podium: Jacqueline Wagner, Siemens AG, Leiterin Personalberatung Braunschweig, Doris Masurek, Geschäfts-führerin Oskar Kämmer Schule gGmbH, Braunschweig, Laura Wittig, Geschäftsführerin Kreativrausch GmbH, Braunschweig und Dr. Wiebke Ankersen, AllBright Stiftung, Berlin.
Viel Luft nach oben
In ihrer Keynote ging Ankersen im auf die aktuelle Situation in den 160 deutschen Börsenunternehmen ein. 73,8 Prozent von ihnen haben keine Frau im Vorstand. 17 von ihnen sogar weder eine Frau im Aufsichtsrat noch im Vorstand. Sie stehen auf der schwarzen Liste, die die AllBright Stiftung jedes Jahr veröffentlicht.
Klare Zahlen
Während es in Schweden immerhin sechs Prozent weibliche Vorstandsvorsitzende gibt, sind es in Deutschland 1,9 Prozent. In den Vorständen steigt die Quote dann auf 7,3 Prozent in Deutschland (Schweden 21 Prozent). Laut der Referentin kommt es noch dicker: „Die 100 kleineren und mittelgroßen Unternehmen in MDAX und SDAX rekrutieren ihre Vorstände nach einem immer gleichen Muster.“ Ankersen nennt es die Thomas-Methode, es gäbe doppelt so viele Vorstände die Thomas oder Michael heißen (31), wie Frauen (17).
Es geht nicht nach Kompetenz
„Man setzt extrem stark auf Stereotypen und versucht sich an der Spitze mit Spiegelbildern zu umgeben, die Passfähigkeit der Kandidaten wird zu tragenden Komponenten“, so die Expertin. Es ginge mehr um ein Bauchgefühl, als um Kompetenzen. „Das ganze führt neben der Benachteiligung von Frauen auch dazu, dass die Führungsmannschaften zunehmend gleich werden. Die Reibungspunkte entfallen, dass Blickfeld wird verengt und Innovationskraft geht verloren. Ein extrem gefährliches Spiel in Zeiten der Digitalisierung, da es gerade jetzt kreative und gute Lösungen braucht, die so kaum entstehen.“, befand die Key-Speakerin.
Der Erfolg spricht für ein Umdenken
Studien hätten ergeben, dass Unternehmen die bei den Führungspostionen auf gemischte Teams setzen würden und die Frauenquote nach oben bringen, auch am Markt deutlich zulegen könnten. Dazu müssten die Frauen aber auch unternehmerische Entscheidungskraft haben und nicht nur Aufsichtsratspositionen, erklärte die Referentin. Das Ziel für Unternehmen müsse es sein, mehr Frauen zu rekrutieren. Mehrere von ihnen zu fördern und mehr von ihnen im Unternehmen zu halten. „Mit internationalen, gemischten und ausgewogenen Führungsteams wird zukünftig der Erfolg gemacht. Einige Top-Unternehmen haben das bereits verstanden, aber es wird Zeit für ein breites Umdenken“, so Ankersen. Fairness würde sich eben doch am Ende auszahlen.
Dabei müssten die Rahmenbedingungen für Frauen verbessert werden. Flexiblere Arbeitsformen, bessere Wiedereinstiegsmöglichkeiten nach der Elternzeit und eine gute Kinderbetreuung, waren einige Beispiele. Das wurde auch in der Podiumsdiskussion im Seminarraum deutlich. Neben Vertrauen vom Vorgesetzten, wünschten sich die Teilnehmerinnen vor allem einen flexibleren Umgang mit Arbeitszeiten und eine Abkehr von starren Strukturen. Die Kinderbetreuung sei immer noch ein riesiges gesellschaftliches Problem.
Flexibel. Frisch. Individuell
Laura Wittig berichtete im vollen Seminarraum, dass man in ihrem Unternehmen versuche flexibel auf die Wünsche der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einzugehen. „Das geht natürlich bei uns recht gut, weil wir relativ klein und agil sind.“ Eine Richtung die Cordula Miosga absolut unterstützte. „Hier kann der Mittelstand durchaus eigene attraktive Wege finden, um sich interessant für Fachkräfte zu machen.“
Zudem wurde kritisiert, dass es leider immer noch die klassischen Stereotypen gäbe. Die Frau kümmere sich um den Haushalt, der Mann macht Karriere. „Hier ist es auch an den Männern sich einmal ein wenig zu öffnen und zu sehen, dass es auch andere Wege der Lebensverwirklichung gibt und dass es nicht eine rein männliche Tugend ist, Karriere machen zu müssen“, fand Ankersen. Es sei an der Zeit, dass sich nicht immer nur Frauen hinterfragen müssten, wie sie Karriere machen könnten, sondern auch die Männer ihren Beitrag beisteuern würden.