Digitalisierung und die Konsequenzen jenseits der Technik

Neues aus den Verbänden

18.10.2017

Wie kaum eine andere Technologie ist Digitalisierung nahe am Menschen, weil sie mit Information, Kommunikation, Kooperation und Interaktion verbunden ist. Wir verwenden digitale Technologien immer und überall. Wir kommunizieren miteinander, wir kaufen mit dem Smartphone ein, wir koordinieren mit dieser Technologie Haushaltsgeräte, wir tätigen Bankgeschäfte,… Damit wird offensichtlich, dass Unternehmen als Anbieter den Anforderungen von Nachfragern gerecht werden müssen. Dies zeigt sich in den Geschäftsmodellen und in den Produkten und Dienstleistungen. Darüber hinaus sind Unternehmen Arbeitgeber. Wenn ihre Beschäftigten im Privatleben digitale Technologien nutzen, ist davon auszugehen, dass sie auch im Arbeitsumfeld diese Technologien erwarten.

 

Unbestritten führt die Digitalisierung zu einer steigenden Geschwindigkeit sowie einer zunehmenden Arbeitsintensität und -komplexität Des Weiteren gilt es mit einem stetig steigenden Informationsfluss und einer Wissensexplosion umzugehen. Vor allem in der Wissensexplosion wird der Einfluss der Digitalisierung gut sichtbar. Mittlerweile kann der Einzelne das für ihn relevante Wissen nicht mehr fassen angesichts der Dynamik der Wissensentwicklung und des Ausmaßes der Wissensbasis. Wir wachen am Morgen mit dem Gefühl auf, unser Wissen aktuell zu halten und gehen am Abend ins Bett mit der Gewissheit, dass wir am nächsten Morgen wieder vor der Herausforderung stehen, neue Informationen zu verarbeiten zu müssen.

 

Prof. Dr. Jutta Rump

 

Auch der Arbeitsplatz selbst erfährt nicht selten eine Veränderung der Interaktionen. Haben die digitalen Technologien eine große Bedeutung und einen großen Einfluss am Arbeitsplatz, stellt sich die Frage, wer „den Takt vorgibt“ – der Mensch oder die Maschine – und bei welchen Tätigkeiten der Mensch im Mittelpunkt steht. Bei manuellen und / oder kognitiven Tätigkeiten nicht nur in einfachen, sondern auch in komplexen Arbeitsprozessen, besteht mehr und mehr die Möglichkeit der (Teil-) Automatisierung. Dies wird zwangsläufig mit einer Anpassung der Arbeitsstrukturen verbunden sein (müssen). Eine solche Entwicklung hat qualitative und quantitative Beschäftigungseffekte. In der Diskussion darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass mit der Digitalisierung und dem Einsatz von digitalen Technologien am Arbeitsplatz auch Entlastungseffekte verbunden sein können. Assistenzsysteme erleichtern das Arbeitsleben. Zudem schenkt uns die Digitalisierung Zeit, denn wir „verschwenden“ keine Zeit mehr in Routinearbeit, weil diese durch Algorithmen und / oder Roboter übernommen werden kann. Stattdessen können wir die Zeit investieren, um neue Aufgaben und bestehende Aufgaben intensiver zu bearbeiten, Innovationen voranzutreiben, die persönliche Interaktion zum Kunden, im Team zu intensivieren,… Darüber hinaus befördert die Digitalisierung die Entkoppelung von Ort und Zeit am Arbeitsplatz. Mobile Arbeitsmodelle sind aus der technischen Sicht leichter umsetzbar als bisher. Dabei scheint im Moment außer Acht gelassen zu werden, dass es von Seiten der Beschäftigten eines hohen Maßes an Selbstmanagement und Selbstdisziplin bedarf und es auf Seiten des Unternehmens verbindliche Regeln braucht.

 

Digitalisierung ist mit zahlreichen und umfangreichen Veränderungen in allen Bereichen eines Unternehmens, der Wirtschaft sowie der Gesellschaft verbunden. Veränderungen ihrerseits lösen bei vielen Menschen das Gefühl von Unsicherheit und Ungewissheit aus. Um mit dieser Unsicherheit und Ungewissheit umzugehen, bedarf es Orientierung bzw. Faktoren, auf die man zählen kann, die Verbindlichkeit und Konstanz vermitteln. Da Digitalisierung vor allem Geschäftsmodelle, Organisationstrukturen, Prozesse und Kompetenzanforderungen verändert, sind diese Hard Facts keine Stabilisierungsfaktoren (mehr) und bieten eher wenig Orientierung. Denn sie sind Teil des umfassenden Veränderungsprozesses. Unter diesen Bedingungen muss Orientierung stattdessen mit Soft Facts verknüpft sein. Zu diesem Soft Facts zählt die Unternehmenskultur mit den Werten der Glaubwürdigkeit, der Transparenz und der Partizipation. Egal mit welchen Veränderungen der Betrieb konfrontiert wird, diese Werte verändern sich nicht, sie sind der Stabilisierungsfaktor, der das System unter hoher Veränderungsgeschwindigkeit und -dynamik in der Bahn hält. Hierauf geben die Beschäftigten dann ihr Commitment ab. Damit wird deutlich, dass diese Faktoren bewahrt und gepflegt werden müssen, unabhängig von den Trends und Entwicklungen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind. Sie sind die DNA eines Unternehmens und sind mit dessen Identität verbunden.

 

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