Meine Frage: „Wenn man einen Straßenbericht über Ihren Weg durchs Leben schreiben würde, was wäre der Titel?“ Sie antwortet: „Es trägt mich immer irgendwo hin und wo ich bin, mach ich ‘s mir schön.“ Ihr Business ist die halbe Schrittgeschwindigkeit. Ihre Betriebsanlage: 88 Boote. Ihre Mitarbeiter: Eine Crew. Die Betriebsordnung: Eine Hafen – Satzung. Ich traf die Geschäftsführerin der Floßstation Braunschweig GmbH, Tina Loose. Lesen Sie hier, was Elke Fasterding im Gespräch erfuhr…
Tina Loose ist gelernte Restaurantfachfrau und kam 1991 von Dresden nach Braunschweig. Eher zufällig zog es sie in die Löwenstadt. Ein ehemaliger Kollege, der bereits in Rüningen tätig war, meinte, er würde nochmal einen Ossi nehmen, erzählt sie lachend. Nachdem sie in der Gastronomie viele Jahre fleißig im Einsatz war, stellte sie sich die Frage, wie lange sie das – auch körperlich noch so machen wollte. Denn – wie in anderen Jobs auch – kann man in der Gastronomie so und auch so arbeiten und Tina Loose hat wirklich gearbeitet. Da erfuhr sie von den Braunschweiger Floßfahrten und dass der Betrieb im Umbruch war… Ein Zufall, der ihr weiteres Berufsleben bestimmen sollte.
20 Jahre Braunschweiger Floßfahrten
Als Tina Loose vor 8 Jahren dort anfing, hatte sie von Booten keine Ahnung. Sie war auch familiär nicht vorbelastet, aber ihre Neugier war geweckt und sie hatte unglaubliche Lust auf einen Neuanfang. Ihre Fähigkeiten auf Binnengewässern: „Ich bin froh, dass ich schwimmen kann.“, untertreibt sie charmant lachend. Die Floßstation feierte dieses Jahr ihr 20jähriges Firmenjubiläum. Sie wurde in der Rechtsform einer Limited betrieben als Tina Loose dort anfing. Das war nicht so einfach zu händeln, erfahre ich. Im Jahr 2008 wurde das Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft überführt und Tina Loose wurde Geschäftsführerin der Floßstation Braunschweig GmbH. 8 große Boote und 80 Leihboote, bestehend aus Tret- und Paddelbooten sind die Betriebsmittel. Davon befinden sich regelmäßig nur 2/3 im Wasser; denn die anderen Boote befinden sich auf Trailern, die zu Firmenevents oder zu Paddeltouren den Betrieb verlassen. Zum Betrieb gehören auch die beiden Bootsverleihe am Fallersleber Tor / am Botanischen Garten und an der Okercabana.
Im Sommer besteht die Crew mit Aushilfen aus 40 Personen und im Winter sind es 4 ½ Festangestellte. Was macht die Floßstation im Winter? Im Winter wird nachbereitet, es werden die Grills geputzt usw. Wobei der Winter nur relativ ruhig ist; denn ganz feste Saisonzeiten bestehen nicht und schließlich gibt es auch Glühweinfahrten. Neustart ist jedes Jahr Mitte April und dann geht die Saison bis Oktober, mit Nachsaison im November.
Die Faszination des Floßgeschäftes
Tina Loose sagt strahlend über ihre Tätigkeit: “Es ist so bunt. Die Floßstation macht ja nicht nur Floßfahrten von A nach B, sondern auch Schlauchboottouren und Team Events, die mit dem Wasser gar nichts zu tun haben und z.B. im Bürgerpark oder im Harz stattfinden. Die kulinarischen Touren auf der Oker in diesem Jahr waren wunderbar. Wir hatten ca. 1.900 Gruppenfahrten mit 32.000 Gästen, ein Großteil davon sind Firmenkunden, aber auch Junggesellenabschiede, Heiratsanträge und Hochzeiten haben stattgefunden. Besonders stolz sind wir auf unser Kulturangebot Oker- Sommertheater, dass wir 2014 aus der Taufe gehoben haben. Auch die musikalischen Fahrten mit Giorgio Claretti sind immer sehr schön. Die Touren starten entweder in Richtung des östlichen Umflutgrabens oder in Richtung Okercabana. Auf den Flößen haben schon Junggesellenabschiede, Heiratsanträge und Hochzeiten stattgefunden.“ Um das Floßgeschäft betreiben zu können, muss man eine behördliche Genehmigung haben, Liegeplätze vorweisen können und mit Elektromotoren fahren. Es gibt nichts Entschleunigenderes als Floßfahrten, schwärmt Tina Loose. Allerdings nimmt sie selber nur selten teil, da viele Arbeiten im Back Office zu erledigen sind.
Die kulinarische Verköstigung findet in enger und sehr guter Zusammenarbeit mit Fleischerei Neubauer statt. Bis 2016 hatte die Floßstation noch einen eigenen Koch. „Er ging in den Wintermonaten immer nach Thailand und hat dann festgestellt, dass es dort auch im Sommer schön ist.“, so Tina Loose verständnisvoll lachend. Mitbewerber gibt es auch: Der Alte Bootsverleih am Kennedyplatz (Okertour) und Flussgenuss. Man teilt sich die Oker sozusagen zu dritt.
Ein Arbeitstag als Geschäftsführerin
Im Sommer arbeitet Tina Loose spätestens ab 7.00h. „Ab 5.00h kann ich gut E – Mails checken, weil ich dann einfach Ruhe habe. Um 7.00h braucht man damit fast nicht mehr anzufangen, weil spätestens um 8.00h der erste Kunde anruft. Gearbeitet wird mit 3 Personen in der Telefonkette mit Headset und dann geht es in den Firmensitz in die Kurt – Schumacher – Straße. Das geht dann gerne bis abends. Wir haben eine super Crew, die viel selbständig erledigt. Ich lasse auch ein bisschen los… Ich arbeite 7 Tage die Woche. Im Urlaub checke ich die Mails und bin im Notfall auch erreichbar. Wir fahren 4 Wochen am Stück in den Urlaub. Das ist sensationell.“
Zum Schmunzeln
Die Flöße verfügen naturgemäß über keine Toiletten. Die Touren dauern mindestens 1 ½ Stunden. Während die Damen aus Angst dreimal vorher auf die Toilette gehen, überschätzen die Herren gelegentlich das Fassungsvermögen ihrer Blase …
Mit wem Tina Loose Floß fahren würde, wenn sie nur einen einzigen Gast haben dürfte
„Ich habe da lange drüber nachgedacht. Ich würde meine Freunde um mich scharen. Denn im Sommer habe ich für sie fast keine Zeit.“ Versäumnisse hat sie in ihrem Leben nicht zu beklagen. Was sie bedauert ist der Umstand, dass sie als Schülerin nicht an einjährigen Auslandsaufenthalten teilgenehmen konnte. In der DDR gab es so etwas nicht. Sie freut sich auf die nächste Saison und Highlights wie die Oker – Reise. Dann geht es wieder zu Fuß, im Spreekahn und auf dem Floß rund um die Braunschweiger Innenstadt -begleitet von einem Schauspieler, der die Reisenden mit Literatur und Musik verzaubert.
Von Elke Fasterding