Corona-Krise: Aktuelles Statement von Florian Bernschneider

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19.01.2021

Weil vor dem letzten Corona-Gipfel an einigen Stellen der Eindruck proklamiert wurde, es sei nun auch einmal die Wirtschaft dran und müsse einen Beitrag leisten die Pandemie in den Griff zu bekommen, ist es an der Zeit einmal genauer hinzuschauen.

 

Schon die aktuelle Verordnungslage verpflichtet Unternehmen zur Umsetzung von Infektionsschutzkonzepten. Homeoffice war dabei seit Beginn der Krise ein wichtiger Baustein für viele Betriebe. Aber nicht der einzige: Gruppenbüros wurden aufgelöst und Einzelbüros eingerichtet, Wechselmodelle und -schichten etabliert, Poolfahrzeuge umgewandelt, damit für den Arbeitsweg kein ÖPNV mehr genutzt werden muss usw.

 

Während in den Städten Braunschweig und Wolfsburg mit den meisten Büroarbeitsplätzen in unserer Region die 7-Tages- Inzidenz bei 93 beziehungsweise 88 liegt, sind es in Peine 184,7, Gifhorn 172,2 und Helmstedt 157,7. Dort scheinen vornehmlich auch die Testungen in Pflegeeinrichtungen Grund für die erhöhten Werte zu sein.

 

Zugegeben: Man kann die Welt auch anders beschreiben. Vielleicht stecken sich ja Mitarbeiter/innen mit Wohnsitz in Peine und Gifhorn bei ihrer Arbeit in Braunschweig an? Doch wenn die Politik davon ausgeht, stellt sich die Frage: Warum sorgt sie seit Wochen nicht für einen Beleg dafür oder noch wichtiger, versucht Infektionsketten dort gezielt zu unterbrechen?
Fakt ist: Das Gesundheitsamt von Peine verzeichnet einen infizierten Einwohner wie es auch das Gesundheitsamt in Gifhorn tut. Dass beide Erkrankten im gleichen Betrieb in Braunschweig arbeiten, würde das dortige Gesundheitsamt aber gar nicht erfahren, weil es keinen strukturierten Datenaustausch gibt.

 

Kurzum: Der Politik gelingt es seit Monaten nicht, eine solide Datengrundlage herzustellen, um wirklich zielgenaue Maßnahmen zu treffen. Die festgelegte 7-Tages-Inzidenz von 50 je 100.000 Einwohner wurde als Zielmarke mit der maximalen Leistungsfähigkeit von Gesundheitsämtern begründet, Kontaktketten nachzuverfolgen. Nun gilt dieser Wert seit fast 10 Monaten und muss die Frage erlaubt sein: Warum hat sich die Leistungsfähigkeit der Kontaktnachverfolgung in dieser Zeit scheinbar nicht verbessert? Warum gelingt es heute nicht auch bei Inzidenzwerten von 100 Kontaktnachverfolgungen zu gewährleisten?
Seit Wochen ist man nun sehr großzügig, pauschale Freiheitseinschränkungen für Bürger/innen und Betriebe zu verhängen, weil man nicht so genau weiß, wo eigentlich Infektionen stattfinden. Aber man ist leider sehr sparsam darin, diese Missstände abzustellen. Und nicht nur bei der Datenlage und der Unterbrechung beziehungsweise besseren digitalen Nachverfolgung von Infektionsketten erleben wir seit Wochen keinen echten Fortschritt. Da wurde eine flächendeckende Testung in Altenheimen über Monate verschleppt, weil Anforderungen an das Testpersonal ungeklärt bleibt. Für die Verteilung von FFP2-Masken an Risikogruppen sorgte man für Schlangenbildung vor Apotheken. Warum der Versand per Post unmöglich war, haben wir in Niedersachsen nun mittlerweile auch erfahren: Dem Land liegen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Adressdaten der Betroffenen vor. Deswegen kauft man die Daten nun von der Post, die zum Teil Vornamen nutzt, um Rückschlüsse auf das Alter der Empfänger zu ziehen. Für Werbepost sicher ausreichend, aber hier nur ein weiteres Beispiel von Missmanagement…

 

Hubertus Heil, dem DGB und anderen langjährigen Befürwortern eines Rechtsanspruchs auf Homeoffice ist es in diesem Umfeld nun gelungen, dass Deutschland statt über diese Fragen seit Tagen über eine mögliche Pflicht zum Homeoffice debattiert. Das darf man ihnen nicht übel nehmen und ich freue mich auch sehr das Für und Wider eines Rechtsanspruchs zu diskutieren… Übrigens gibt es einige Wider, die in den letzten Monaten mehr von Arbeitnehmern/innen als den Betrieben vorgetragen wurden. Aber so oder so: Wir sollten das nach Corona tun und uns jetzt auf jene Hebel konzentrieren, die wirkliche eine eindämmende Wirkung auf die Pandemie haben.

 

Wenn die Kanzlerin und Länderchefs/innen dennoch etwas für eine Steigerung der Homeoffice-Nutzung tun wollen, empfehle ich folgende Maßnahmen:

 

1) Reform des Arbeitszeitgesetzes, damit man im Homeoffice wirklich in Früh- und Spätschicht arbeiten kann und sich in der Zwischenzeit um die Kinder kümmern kann. Aktuell ist das illegal.

 

2) Abbau von überzogenen Erwartungen und Regelungen, wie Arbeitgeber Arbeitsschutz und Arbeitsplatzgestaltung im Homeoffice durchsetzen können/sollen. Hier gibt es große Unsicherheiten bei den Betrieben.

 

3) Eine wirklich angemessene, unbürokratische und attraktive Lösung, um die Aufwände für die Homeoffice-Nutzung steuerlich geltend zu machen. Bisher sind maximal 600 EUR für 120 Tage im Homeoffice absetzbar und fallen erst dann ins Gewicht, wenn die Werbungskostenpauschale überschritten wird.