Befristungsrecht – sachgrundlose Befristung / unwirksame Klausel

Arbeitsrecht

15.10.2020

Eine Vertragsklausel in einer AGB, mit welcher der Arbeitnehmer bestätigen soll, nicht bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber gestanden zu haben, ist als Tatsachenbestätigung, die geeignet ist, die Beweislast zulasten des anderen Vertragsteils und zugunsten des Verwenders zu verändern, unwirksam gem. § 309 Nr. 12 b) BGB, so das LAG Baden – Württemberg (11.03.2020 – 4 Sa 44/19 -).

Sachverhalt

Die Klägerin war von April 1999 bis Ende Juli 2000 bei der Beklagten, einem Unternehmen der B-Gruppe, in Vollzeit als Montierungsarbeiterin für die Montage von Scheinwerfern befristet beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ging mit Wirkung ab 1. September 1999 im Rahmen eines Betriebsübergangs auf eine andere Gesellschaft über. Nach einer Unterbrechung von 15 Jahren wurde die Klägerin für den Zeitraum vom 8. Dezember 2014 bis 30. April 2015 als Montageanlagebedienerin befristet bei der Beklagten eingestellt. In dem Lebenslauf der Klägerin war eine Vorbeschäftigung bei der Beklagten nicht aufgeführt. Die Klägerin gab in einem Personalfragebogen der Beklagten an, schon in einem Betrieb der B-Gruppe beschäftigt gewesen zu sein, ohne dass die Beklagte eine solche nachvollziehen konnte. Der Arbeitsvertrag enthielt folgende Regelung: „Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis (einschließlich Ferienbeschäftigung) zu uns gestanden zu haben“. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde letztmalig bis 30. September 2018 jeweils befristet verlängert. Es fanden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden Anwendung, die erweiterte Möglichkeiten zum Abschluss sachgrundloser Befristungen vorsehen.

Entscheidungsgründe

Das LAG hat entschieden, dass die sachgrundlose Befristung wegen der Vorbeschäftigung der Klägerin unwirksam war.

Die Beklagte könne sich wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 12 b) BGB nicht darauf berufen, dass die Klägerin im Rahmen des Arbeitsvertrags bestätigt habe, bisher nicht bei der Beklagten beschäftigt gewesen zu sein. Danach sei auch eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn der Verwender damit versuche, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern. Das gelte auch für Klauseln, die lediglich eine Änderung der Darlegungslast vorsehen. Hierzu zählten insbesondere Tatsachenbestätigungen, die rechtlich relevante Umstände beschreiben oder Wissenserklärungen, wenn sie sich zum Nachteil des Kunden auswirken können sowie Erklärungen über tatsächliche Vorgänge. Die Beklagte wäre wegen der Tatsachenbekundung unter Vorlage des Arbeitsvertrags im Prozess in der Lage gewesen, die von der Klägerin behauptete Vorbeschäftigung substantiiert – und nicht nur einfach – zu bestreiten. Sie wäre somit in der Lage gewesen, die Klägerin in eine erhöhte Darlegungslast in der Erwiderung zu bringen.

Dass die Klägerin die Vorbeschäftigung im Lebenslauf nicht erwähnt habe, sei allenfalls eine unvollständige Auskunft durch Weglassen. Es sei zumindest fahrlässig, dass die Beklagte Nachfragen trotz entsprechendem Anlass unterlassen habe und schließe eine Schutzwürdigkeit ihres Vertrauens in die Vollständigkeit der klägerischen Angaben aus. Auch stellt das LAG fest, dass die Klägerin nicht gehalten gewesen sei, die Beklagte ungefragt von sich aus auf die Vorbeschäftigung hinzuweisen.

Von dem Vorbeschäftigungsverbot war nach Auffassung des LAG nach verfassungskonformer Auslegung keine Ausnahme wegen Unzumutbarkeit zu machen, weil eine Vorbeschäftigung sehr lang zurücklag, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Die Zielsetzung der Aufrechterhaltung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform stehe dem entgegen. Dazu führt es im Wesentlichen aus:

  • Eine ganz andere Tätigkeit liege nur vor, wenn die im neuen Arbeitsverhältnis geschuldete Tätigkeit Kenntnisse und Fähigkeiten erfordere, die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich gewesen seien. Die Tätigkeit als „Montierungsarbeiterin“ während der Vorbeschäftigung sei jedenfalls nahezu deckungsgleich mit der später geschuldeten Tätigkeit einer „Montageanlagenbedienerin“.
  • Eine Beschäftigung von knapp fünf Monaten sei noch nicht sehr kurz. Das BAG habe hinsichtlich einer sehr kurzen Dauer darauf hingewiesen, dass ein Arbeitnehmer nach Ablauf von sechs Monaten Kündigungsschutz erhalten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG) und dass mit vorübergehenden Aushilfen einzelvertraglich keine abweichenden Kündigungsfristen vereinbart werden dürften, wenn das Arbeitsverhältnis über drei Monate hinaus fortgesetzt wird (§ 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB).  Das Bundesverfassungsgericht benutze hier den Begriff der „geringfügigen Nebenbeschäftigung“. Das Gesetz regele für die sog. zeitgeringfügige Beschäftigung Grenzen iHv. zwei Monaten oder 50 Arbeitstagen (§ 8 Abs. 1 SGB IV), bzw. drei Monaten oder 70 Arbeitstagen (§ 115 SGB IV a. F.), die mit einer Dauer von knapp fünf Monaten deutlich überschritten seien.
  • Die Vorbeschäftigung liege noch nicht sehr lange zurück. Das BAG verweise auf die Wertung des § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB: solange ein Arbeitnehmer durch steigende Betriebszugehörigkeit noch einen höheren Bestandsschutz erwerben könne (längere Kündigungsfristen), könne eine sehr lange Zeitdauer noch nicht vorliegen. Daher könne bis zu einer Dauer von 20 Jahren keine sehr lange Zeit zwischen zwei Beschäftigungen angenommen werden.

Bewertung der Entscheidung

Der Arbeitgeber sollte den Bewerber vor Abschluss eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags in jedem Fall ausdrücklich nach einer eventuellen Vorbeschäftigung fragen. Das gilt insbesondere dann, wenn er vom Arbeitnehmer Anhaltspunkte für eine solche Vorbeschäftigung bekommt (hier im Einstellungsbogen). Der Arbeitgeber kann sich nicht allein darauf verlassen, dass im Lebenslauf des Bewerbers keine Vorbeschäftigung angegeben ist. Eine entsprechende schriftliche Bestätigung, dass der Bewerber bisher noch nicht für den Arbeitgeber tätig gewesen ist, sollte nicht im Rahmen des Arbeitsvertrags festgehalten werden. Dabei handelt es sich nach Auffassung des BAG um eine unwirksame AGB-Klausel.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände rät:
Es müsste eine neben dem Arbeitsvertrag, individuell verfasste, schriftliche Bestätigung über die Tatsache, dass der Arbeitnehmer bisher nicht beim Arbeitgeber tätig war, gerichtlich verwertbar sein.

Hinsichtlich der Dauer der Unterbrechung entspricht das Urteil der bisherigen Rechtsprechung des BAG.

Quelle: BDA