Unternehmensnachfolge regeln - wann sollte man starten?

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19.05.2021

Brinkmann.Weinkauf  ist als Kanzelei seit mehr als zehn Jahren fest am Markt etabliert und seit 2020 ist man auch in Braunschweig auf dem ARTmax-Gelände tätig. An zwei Standorten arbeiten 17 Anwälte und drei Anwaltsnotare. Die Beratung überwiegend sowohl in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Restrukturierung, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht, Wettbewerbs- und Markenrecht sowie Mietrecht, als auch laufende rechtliche Beratung (zum Teil über Jahre hinweg) von Unternehmen diverser Branchen und unterschiedlicher Größenordnung. Ein starker Fokus liegt auf unternehmerischem Handeln gepaart mit entsprechendem wirtschaftlichen Denken

 

Im Interview gab Rechtsanwältin Julia Blaue Einblicke in die Vorbereitung einer Unternehmensnachfolge.

 

Wann sollte man eine Unternehmensnachfolge vorbereiten?

Grundsätzlich ist es hilfreich, sich als Unternehmer klar zu machen, dass für jeden einmal die Zeit der Nachfolge ansteht. Damit ist ein erster wichtiger Schritt der Unternehmensnachfolge bereits getan. Wann persönlich der richtige Zeitpunkt ist, wird von jedem Unternehmer oder jeder Unternehmerin unterschiedlich beurteilt, allerdings sollte man für den Nachfolgeprozess mind. einen Zeitraum von rund ein bis zwei Jahren einkalkulieren.

 

Aus Ihrer Erfahrung – wie lange dauert die Nachfolgersuche in der Regel?

Das ist tatsächlich von Branche zu Branche und Unternehmer und Unternehmerin unterschiedlich: In einem Bereich, der im Zeitpunkt der Suche gerade „boomt“, wie bspw. der Digitalisierung o.ä., kann das deutlich schneller gehen. Andererseits kann der eine Unternehmer oder die eine Unternehmerin schneller und einfacher emotional „loslassen“, als andere.

 

Wie lautet Ihr wichtigster Ratschlag an Eigentümer, die nach einem Nachfolger suchen?

Eine Unternehmensnachfolge ist in den meisten Fällen – nicht nur, aber insbesondere im Mittelstand – auch immer eine Herzensangelegenheit, da es darum geht von dem eigenen Lebenswerk Abschied zu nehmen. Unternehmer und Unternehmerinnen sollten sich daher auch genügend emotionale Zeit nehmen und einen Nachfolger suchen, bei dem sie ein gutes Gefühlt haben. Das ist unserer Erfahrung nach sehr wichtig, um den Trennungs- und Nachfolgeprozess auf beiden Seiten zufriedenstellend zu erleben. Offene Kommunikation und strukturiertes Vorgehen sind dabei sehr hilfreich. Und letztlich entschärft die Inanspruchnahme externer Hilfe sehr häufig potentielle Konfliktsituationen – die auch und vielleicht sogar besonders in Konstellationen der familiären Nachfolge eine Rolle spielen können.

 

Vor welchen Problemen stehen Unternehmer, wenn sie einen Nachfolger suchen und vor welchen, wenn sie einen gefunden haben?

Die erste Herausforderung besteht darin, eine Schnittstelle zu potentiellen Nachfolgern zu finden. Häufig kommen leitende Mitarbeiter in Betracht, in anderen Fällen Familienmitglieder. Dann gilt es das Gespräch zu suchen und zu eruieren, inwieweit sich Synergien finden lassen. Der Start eines Nachfolgeprozesses kann ferner viel Unruhe in der Belegschaft auslösen – sowohl bei der Suche, als auch, wenn ein potentieller Nachfolger gefunden ist. Hier wissen wir von nächtlichen Kopieraktionen, um gewünschte Unternehmensinformationen dem potentiellen Nachfolger zugänglich machen zu können, ohne dass direkt die halbe Belegschaft von der Absicht weiß, das Unternehmen zu veräußern. Verständlicherweise löst das bei den eigenen Mitarbeitern häufig Verunsicherung aus. Der richtige Ton, der richtige Moment und der richtige Ort, um den eigenen Mitarbeitern dann die Nachfolgeentscheidung zu verkünden, kann sehr, sehr entscheidend sein, um dem Nachfolger die Übernahme wesentlich zu erleichtern. Dies nicht nur in Fällen, in denen bspw. Betriebsräte vorhanden sind. Kurzum: die Probleme sind hier vielfältig und ein entsprechend geplantes und vorausschauendes Vorgehen sowie ein entsprechender Plan daher umso wichtiger.

 

Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen, wie komplex ist es das Unternehmen weiterzureichen?

Rein rechtlich betrachtet – also neben den bereits erwähnten emotionalen Aspekten – ist jeder Unternehmenskauf unterschiedlich zu bewerten. Es erfordert auch auf Anwaltsseite eine extrem gute strukturierte Vorgehensweise, so dass kein Aspekt in Vergessenheit gerät und der Prozess der Vertragsverhandlungen, aber letztlich auch der anschließende Vollzug reibungslos funktioniert. Mit der Unterschrift unter den Kaufvertrag verfallen die Parteien meist in eine „Endlich-Geschafft“-Haltung – auch völlig zu Recht! Jedoch ist es damit meist tatsächlich noch nicht getan, denn dann ist das vertragliche geregelt, aber der tatsächliche Übergang beginnt erst: je nach Deal-Struktur sind Kunden sind zu informieren, Mitarbeiter einzubeziehen, Schutzrechte zu übertragen, etc. Das kann je nach Unternehmen durchaus sehr komplex sein und bedarf daher wie erwähnt der nötigen Struktur. Mit einer solchen lässt sich die Nachfolge dann aber gut abarbeiten und zufriedenstellend zu Ende führen.

 

Was sollten Unternehmer vor der Regelung der Nachfolge aus rechtlicher Sicht prüfen?

Wenn es sich um eine Übertragung innerhalb der Familie handelt, dann sollten erbrechtliche Konstellationen in jedem Fall durchdacht und durchgespielt werden – immer in Begleitung auch steuerlicher Beratung. Ansonsten kommen hinzu unter Umständen und je nach Deal-Struktur, mögliche arbeitsrechtliche Themen, wie Folgen für die Arbeitnehmer, Einbeziehung des Betriebsrats, etc. Ein Augenmerk sollte auch auf Kundenverträge (Stichwort „change-of-control“) und mögliche Mietverträge geworfen werden. Denn solche Aspekte sind für einen Nachfolgerinteressenten regelmäßig von Relevanz und nehmen Einfluss auf eine Kaufpreisfindung bzw. den Interessentenkreis insgesamt.

 

Was genau können Sie leisten und wie umfassend sind die Erfahrungen von Brinkmann.Weinkauf in diesem Bereich?

Wir denken flexibel, geben echten Rat und finden Lösungen, die sich für die Praxis eignen, auf das geplante Vorhaben ausgerichtet sind und nehmen dabei die Hintergründe, Wünsche und Vorstellungen der Mandanten sehr ernst. Wir begleiten einen Nachfolgeprozess in der Phase der Vorbereitung, in der es eventuell noch mehrere Interessenten gibt, stellen hierzu gemeinsam mit dem Mandanten oder der Mandantin die erforderlichen Informationen für einen Due Diligence Prozess zusammen, gestalten, verhandeln die für den jeweiligen Einzelfall erforderlichen Verträge und strukturieren die rechtlichen und zum Vollzug notwendigen Schritte – immer nah am Projekt und Unternehmen. Wir begleiten regelmäßig Projekte, die die lebzeitige Unternehmensnachfolge behandeln, in denen eine Familiengesellschaft betroffen ist oder den Management-Buy-Out als zentrales Thema haben. Hierbei arbeiten wir im Team, da wir das Glück haben auf vereintes Know-How und Erfahrungen innerhalb der Kanzlei zurückzugreifen – so finden sich bspw. sowohl für arbeitsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Veräußerungsprozess Ansprechpartner, als auch für Themen aus dem Bereich gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht oder Mietrecht. Das macht das Arbeiten an dem Projekt für die Mandanten sehr angenehm und mir tatsächlich sehr viel Spaß. Es ist immer schön zu sehen, wenn ein Deal am Ende „fliegt“.

 

Wenn man die Interessentenseite betrachtet, wo lauern da mögliche Probleme?

Interessenten sollten sich vorab einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche und rechtliche Situation des Unternehmens, an dem er oder sie interessiert ist, verschaffen. Hier ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen. Oftmals sind diese nicht einfach zu ermitteln bzw. die Antworten im Nachgang auszuwerten und zu deuten, so dass wir regelmäßig auch diesen Prozess auf Interessenseite betreuen. Bei unerfahrenen potentiellen Käufern begegnen wir dabei regelmäßig der Vorstellung, der Kauf eines bereits bestehenden Unternehmens sei mit weniger bis keinen Risiken verbunden, als eine vollständige Neugründung. Tatsächlich aber tauchen in einem solchen Prozess regelmäßig schwierige Fragen auf, die wir gemeinsam mit den Mandanten beantworten. So hat ein potentieller Interessent unter Umständen Interesse an einem Wettbewerbsverbot- die genauen Grenzen eines Wettbewerbsverbotes sind jedoch unklar und abhängig von den Umständen des Einzelfalls, so dass auch hier mögliche „Probleme“ lauern können.

 

Welche Herausforderungen spielen eine Rolle, wenn man „in die Familie“ vererbt?

Hier kann die Situation, dass die eigenen Kinder plötzlich als Verhandlungspartner auf Augenhöhe erscheinen für manchen Unternehmer und manche Unternehmerin schwierig zu akzeptieren sein. Man wird noch einmal deutlicher mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert. Kinder haben evtl. vollständig andere Vorstellungen von der Fortführung des Unternehmens. Die Nachfolge ist in Familienunternehmen häufig einer der prägendsten Momente. Ferner fehlt es an einer gewissen Anonymität – die Kinder sind unter Umständen im und mit dem Betrieb groß geworden, kennen Struktur und Mitarbeiter. Hier kann es einzelnen schwer fallen, eine eigene Unternehmerpersönlichkeit zu entwickeln bzw. diese nach außen zu tragen, da letztlich in der Außendarstellung der „Senior das Sagen hat“. Nicht zu unterschätzen ist auch der finanzielle Aspekt: nicht selten bündelt sich das Familienvermögen im Familienunternehmen. Auch dies möchte der Unternehmer bzw. die Unternehmerin häufig auch in der Nachfolge natürlich noch mehr gesichert wissen. Letzteres gilt selbstverständlich auch für eine gesicherte Altersvorsorge, die im Rahmen eines Übertragungsvertrages ebenfalls sichergestellt werden kann. Auch erb- und steuerrechtliche Aspekte – wie Pflichtteilsansprüche und Ausnutzung etwaiger Freibeträge – begleiten den Gesamtprozess häufig mit.

 

Sind Unternehmen ausreichend vorbereitet, wie empfinden Sie das?

Es ist schon so, dass Unternehmer zumindest meiner Empfindung nach häufig nicht zu früh über eine Nachfolge beginnen nachzudenken. Abgesehen von den Fällen, die wir leider auch schon miterlebt haben, in denen ein Unternehmen ganz plötzlich und quasi „ad hoc“ veräußert werden muss – etwa aufgrund eines Todesfalls, für den keine hinreichende Vorbereitung getroffen wurde, kommt es auch bei der geplanten Übertragung manchmal zu übereilten Schritten, die einfach auf eine nicht ausreichende Zeit der Vorbereitung auf Unternehmerseite zurückzuführen sind. Letztlich ist dies aber von Unternehmerpersönlichkeit zu Unternehmerpersönlichkeit unterschiedlich – jeder geht tatsächlich mit dem Thema anders um.

 

Was kann man tun, um ein Scheitern zu vermeiden?

Gute Vorbereitung, strukturiertes, überlegtes Handeln, aber auch ein gesundes Vertrauen auf das eigene Gefühl beim Blick auf potentielle Nachfolger sind ein guter Begleiter – um die unjuristischen Aspekte hervorzuheben. Aus rechtlicher Sicht ist es sinnvoll, nicht nur aus Erwerbersicht, sondern auch aus Veräußerersicht einmal einen umfassenden Überblick über die Situation – rechtlich und wirtschaftlich – des eigenen Unternehmens zu verschaffen, quasi die Draufschau aus der Vogelperspektive und mit ein wenig Abstand – auch durch Dritte, die diesen internen Prozess vorbereiten und begleiten. Mit dieser Bestandsaufnahme ist es häufig einfacher den späteren Verkaufsprozess zu verhandeln und ein gutes Ergebnis zu erzielen. Auch hierbei unterstützen wir Unternehmer und Unternehmerinnen regelmäßig.

 

Gibt es in Deutschland aus Ihrer Sicht ein Nachfolgeproblem, wie erleben Sie das bei uns in der Region?

Ich denke – auch für die Region – ist grds. das Potential da, bestehende Unternehmen in gute Nachfolgehände zu geben. Woran gearbeitet werden kann, ist sicherlich, diese zwei Welten, nämlich den erfahrenen Unternehmer und den eventuellen „Neuling“ zusammenzubringen. Es gibt hier in der Region aber sehr gute Projekte, die dies vorantreiben wollen und eine Schnittstelle bilden. Ich hoffe, dass hierdurch viele weitere Unternehmer und Unternehmerinnen gute und für sie annehmbare Nachfolger finden werden – und wir von Brinkmann.Weinkauf hier – auf Veräußerer- oder Erwerberseite – mit vereinter Expertise, der notwendigen Stärke und praxisnahen Lösungen künftig weiter erfolgreich unterstützen können.

 

 

 

Ein wesentliches Tätigkeitsfeld der Kanzlei Brinkmann.Weinkauf ist die umfassende begleitende Beratung von Unternehmen in rechtlichen Fragestellungen, für die die Kanzlei daher als regelmäßiger Ansprechpartner zur Verfügung steht – ob in Fragen der Umstrukturierung, vertraglichen Fragestellungen oder aber auch vor Gericht.

 

Julia Blaue ist seit 2014 Rechtsanwältin. Sie hat bereits einen Teil ihres Referendariats bei Brinkmann.Weinkauf verbracht. Daneben war sie außerdem u.a. in Berlin und Peking tätig. Studiert hat sie in Hannover und Stockholm. Für das Referendariat ist sie seinerzeit nach Braunschweig ge- und seitdem auch glücklich hier angekommen. Frau Blaue ist 35 Jahre alt, sie und ihr Partner haben einen kleinen Sohn, der Anfang des Jahres zwei Jahre alt geworden ist und sie leben gemeinsam in Braunschweig. Bei Brinkmann.Weinkauf behandelt Frau Blaue im Schwerpunkt das Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Unternehmenstransaktionen, sprich Nachfolgeprozesse. Daneben beschäftigt sie sich mit dem Thema Datenschutz und rechtlichen Fragestellungen aus dem Bereich E-Commerce. Hierzu hat Frau Blaue seit diesem Semester auch einen Lehrauftrag an der Hochschule in Wolfenbüttel inne.

 

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