Erfahren Sie im nachfolgenden Blog, ob im Arbeitsvertrag festgelegt werden kann, was es mit Klauseln über Zugangsfiktionen auf sich hat und wie man Überstunden und ihre Vergütung sinnvoll regelt.
Zugangsfiktionen
Wie bereits in unserem Erklärvideo „Die Zustellung von Schriftstücken“ ausgeführt, ist es teilweise ein kleines Abenteuer, wenn man eine Abmahnung oder Kündigung zustellen möchte. Von daher versuchen Arbeitgeber sich bereits in Arbeitsverträgen ein wenig in Vorteilsstellung zu bringen. Um es gleich vorweg zu nehmen: Sämtliche Klauseln über Zugangsfiktionen in der Privatwirtschaft sind unwirksam.
Die häufig verwandte Formulierung: „Eine Erklärung des Arbeitgebers, die an die zuletzt vom Arbeitnehmer mitgeteilte Adresse versandt wird, gilt auch dann als zugegangen, wenn sie als unzustellbar zurückkommt“, ist wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 6 BGB unwirksam. Dort steht ausdrücklich im Gesetz, dass Klauseln, die die Fiktion des Zugangs vorsehen, unwirksam sind. Lediglich für Erklärungen ohne besondere Bedeutung, ist eine solche Beweislastvereinbarung nach § 309 Nr. 12 BGB möglich. Aber gerade um solche Erklärungen geht es in der Praxis in aller Regel nicht.Die Rechtsprechung verlangt grundsätzlich, dass der Arbeitgeber alles Erforderliche und ihm Zumutbare veranlasst, damit seine Erklärungen den Adressaten erreichen, was regelmäßig die Notwendigkeit zum unverzüglichen erneuten Zustellversuch nach sich zieht.
Ebenfalls ungeeignet ist die Formulierung: „Ein an den Arbeitnehmer versandtes Schreiben des Arbeitgebers gilt spätestens mit Ablauf des zweiten Tages nach Aufgabe zur Post als dem Arbeitnehmer zugegangen.“. Nun werden Sie sagen: „Im Öffentlichen Recht geht das aber….“ Korrekt, aber da gibt es auch den § 41 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz, der bestimmt, dass ein Verwaltungsakt grundsätzlich als am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt gilt. Eine solch schicke Norm haben wir aber in der Privatwirtschaft nicht.
In der Praxis kann ein Fall der treuwidrigen Zugangsvereitelung vorliegen und es kann dem Arbeitnehmer unter Umständen nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf den fehlenden Zugang zu berufen. Das sind die Klassiker, bei denen der Arbeitnehmer in weiser Voraussicht drohender unangenehmer Briefsendungen den Briefkasten gleich gänzlich entfernt hat oder bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine falsche Adresse angegeben hat (BAG, 22.09.2005 – 2 AZR 366 / 04 -).
Überstunden
Arbeit ist das halbe Leben. Damit die andere Hälfte aber auch lebenswert ist, empfiehlt es sich, das Thema Überstunden zu regeln. Begrifflich liegen Überstunden vor, wenn der Arbeitnehmer über seine eigentlich geschuldete Arbeitsleistung hinaus tätig wird. Die Zusatzarbeit muss vom Arbeitgeber angeordnet oder gebilligt worden sein. Kommt es zu einem Prozess, so muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Sodann muss der Arbeitgeber diesen Vortrag widerlegen und seinerseits vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer an welchen Tagen von wann bis wann zugewiesen hat. Danach muss der Arbeitnehmer darlegen, welche Tätigkeiten er tatsächlich erbracht hat. Das BAG hat die Anforderungen allerdings etwas gelockert und ausgeurteilt, dass geleistete Überstunden auch geschätzt werden können (BAG, 25.03.15 – 5 AZR 602/13 -).
Liegen Überstunden vor, fragt es sich, ob auch eine Vergütungspflicht besteht. Kommen Tarifverträge zur Anwendung, besteht daran kein Zweifel. Zudem bestimmt bspw. § 17 III BBiG, dass für Auszubildende Überstunden regelmäßig zu vergüten oder in Freizeit auszugleichen sind. In allen anderen Fällen ist § 612 I BGB der Ansatzpunkt. Es richtet sich die Vergütungspflicht nach objektiven Maßstäben, insbesondere sind zu berücksichtigen die Verkehrssitte, Art, Umfang und Dauer der Dienstleistung und die Stellung im Betrieb.
Arbeitnehmer, deren Gehalt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, können keine objektive Vergütungserwartung haben. Dasselbe soll bei Arbeitnehmern gelten, die Dienste höherer Art verrichten, § 627 BGB. Auch leitende Angestellte gemäß § 18 I Nr. 1 ArbZG sollen grundsätzlich nicht die Erwartungshaltung haben, Überstunden vergütet zu bekommen.
Bei der Gestaltung von vertraglichen Klauseln muss man darauf achten, dass sie transparent und verständlich sind. Formulierungen wie „notwendige Überstunden“ oder „Überstunden soweit erforderlich“ genügen diesen Anforderungen nicht. Eine pauschale Abgeltung von Überstunden ist unwirksam, da der Arbeitnehmer nicht weiß wie viele Überstunden er monatlich schuldet, BAG, 17.08.2011 – 5 AZR 406/10 -.Bislang ungeklärt ist, bis zu welcher Höhe eine Überstundenzahl mit dem Gehalt maximal abgegolten sein darf. Das BAG hat bis zu 20 Stunden pro Monat bereits für zulässig erachtet, BAG 16.05.2012 – 5 AZR 331/11 -.Es empfiehlt sich, im Arbeitsvertrag ferner eine zweistufige Ausschlussfrist zu regeln, um nicht im Rahmen der 3-jährigen Verjährungsfrist böse Überraschungen zu erleben.
Muster: Überstunden „§ … Arbeitszeit- und Überstunden
1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt … Stunden pro Woche ausschließlich der Pausen. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach den betrieblichen Erfordernissen.
2. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, im Rahmen des Gesetzes zulässige Überstunden zu leisten.
3. Ein Anspruch auf Überstundenabgeltung besteht nur, wenn die Überstunden arbeitgeberseitig angeordnet oder vereinbart worden sind oder wenn sie aus dringenden betrieblichen Interessen erforderlich waren und der Arbeitnehmer Beginn und Ende der zusätzlichen Arbeit spätestens am folgenden Tag dem Arbeitgeber gegenüber in Textform angezeigt hat.
4. Mit der vereinbarten Bruttovergütung gemäß § … dieses Vertrages sind Überstunden abgegolten, soweit sie zwanzig Stunden pro Monat nicht überschreiten. Darüberhinausgehende Überstunden werden durch Freizeitausgleich abgegolten.“