Arbeitnehmer: Personalgespräche während der Krankheit?!

Die AGV-Rechtstipps

14.03.2018

Über folgenden Fall hatte das BAG (Urt.v. 02.11.2016, 10 AZR 596/15) zu entscheiden:

 

Ein Arbeitnehmer war längere Zeit erkrankt. Der Arbeitgeber forderte den Arbeitnehmer auf, zu einem Personalgespräch in den Betrieb zu kommen. Der Arbeitnehmer lehnte dies ab. Daraufhin wurde er abgemahnt. Gegen diese Abmahnung ist der Arbeitnehmer gerichtlich vorgegangen. Das BAG gab ihm recht.

 

Hierzu hat das BAG folgende Ausführungen gemacht: Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitgeber kein Weisungsrecht hinsichtlich der Hauptleistungspflichten, also der Arbeitspflicht. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Benehm- oder Verhaltenspflichten bleibt dagegen bestehen. Der Arbeitgeber darf also auch während der Erkrankung des Arbeitnehmers diesen anweisen, mit ihm ein kurzes Personalgespräch zu führen, wenn der Arbeitnehmer über Informationen zu wichtigen betrieblichen Abläufen oder Vorgängen verfügt, ohne deren Weitergabe dem Arbeitgeber die Fortführung der Geschäfte erschwert oder unmöglich würde oder wenn er z.B. mit dem Arbeitnehmer über seine Bereitschaft sprechen will, eine neue Aufgabe zu übernehmen, bevor die Stelle anderweitig besetzt wird.

 

Voraussetzung für diese Anweisung ist allerdings, dass das Gespräch nicht auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit verschoben werden kann und es dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur ausnahmsweise anweisen, in dem Betrieb zu erscheinen. Voraussetzung ist, dass die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich ist, z.B. aus technischen Gründen, aber auch dann, wenn der Arbeitgeber mit der Planung des zukünftigen Einsatzes, die gravierende Auswirkungen auch auf andere Angestellte hat, aus betrieblichen Gründen nicht bis nach der Genesung abwarten kann und vor der Umsetzung seines Planes mit allen Betroffenen ein gemeinsames Gespräch führen möchte, um ansonsten drohende Störungen des Betriebsablaufes vorzubeugen. Zusammengefasst kann also festgestellt werden, dass es auch hier wieder einmal „darauf ankommt“.

 

Ein erkrankter Arbeitnehmer ist sicherlich nicht dazu verpflichtet, ein Personalgespräch über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wahrzunehmen. Wenn es allerdings um wichtige betriebliche Abläufe geht und es auf den erkrankten Mitarbeiter ankommt, ist dieser u.U. verpflichtet, auch während seiner Krankheit mit seinem Arbeitgeber zu kommunizieren. Im Zweifel setzen Sie sich bitte mit dem AGV in Verbindung. Einladung zu einem BEM-Gespräch i.S.v. § 84 Abs. 2 SGB IX sind hiervon selbstverständlich nicht umfasst. Hierzu kann der Arbeitgeber auch während der Krankheit einladen.