Keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall während der Prozessbeschäftigung

Arbeitsrecht

15.10.2020

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (27.05.2020 – 5 AZR 247/19 -), dass während einer vorläufigen Weiterbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG besteht, wenn sich die Kündigung im Ergebnis als wirksam erweist.

Sachverhalt 

Die Beklagte kündigte dem Kläger zum 30. September 2015, der daraufhin Kündigungsschutzklage erhob. Nach Wiederaufnahme der Arbeit erkrankte der Kläger nach 1 1/4 Stunden und war bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vergleich, der feststellte, dass das Arbeitsverhältnis durch fristgemäße Kündigung aus betrieblichen Gründen zum 30. September 2015 beendet wurde, arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte vergütete die geleisteten Arbeitsstunden, nicht aber die in Folge von Arbeitsunfähigkeit und an gesetzlichen Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit.

Entscheidungsgründe

Das BAG entschied, dass während einer vorläufigen Weiterbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG besteht. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum kein Arbeitnehmer im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes gewesen. Durch die vorläufige Weiterbeschäftigung sei kein Arbeitsverhältnis entstanden. Die vorläufige Weiterbeschäftigung begründe auch kein faktisches bzw. fehlerhaftes Arbeitsverhältnis. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ersetze ein vollstreckbares Weiterbeschäftigungsurteil nicht den rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers zum Abschluss eines Arbeitsvertrags.

Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall lasse sich nicht durch analoge Anwendung der Rechtsfolge von § 102 Abs. 5 BetrVG begründen. Die Anspruchsvoraussetzungen der beiden Weiterbeschäftigungsansprüche und die mit ihnen verfolgten Regelungszwecke unterschieden sich grundsätzlich. Der Weiterbeschäftigungsanspruch des § 102 Abs. 5 BetrVG solle die Stellung des Betriebsrates stärken. Etwaige positive individualarbeitsrechtliche Auswirkungen auf gekündigte Beschäftigte seien eine Folge aus der Stärkung der kollektiv-rechtlichen Befugnisse des Betriebsrats. Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch stärke das ideelle Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers.

Die Arbeitsunfähigkeit sei auch nicht kausal für den Ausfall der Arbeitsleistung. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setze einen Vergütungsanspruch voraus, der aber durch den Wegfall der Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag nach der wirksamen Kündigung nicht mehr bestehe.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung führt die Rechtsprechung des BAG zur Prozessbeschäftigung fort. Das BAG sorgt für Rechtssicherheit bei der vorläufigen Weiterbeschäftigung. Richtig ist die Feststellung, dass bei der Frage der Entgeltfortzahlung der Arbeitnehmerbegriff des BGB und nicht der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff heranzuziehen ist.

Quelle: BDA