Bevor ich Christian Haertle die erste Frage stellen kann, stehen erst einmal Apollo, Abadi und Kimba auf der Matte. Die drei Hunde, zwei Ridgebacks (Apollo und Abadi) und ein Dalmatiner (Kimba), begleiten den Hygia-Chef auf allen Wegen und wollen erst einmal eine Streicheleinheit. Dann steht auch der Fitness-Experte in der Tür und man merkt ihm gleich an, dass hier jemand unter Strom steht und für seine Sache brennt.
Die Insolvenz der Elixia-Gruppe markierte den Startschuss für die HYGIA-Gruppe. Christian Haertle kaufte den Braunschweiger Standort aus der Insolvenzmasse heraus – in einer Zeit, in der Fitnessstudios allenthalben eine Pleitewelle vorausgesagt wurde und setzte auf das richtige Pferd. Der Markt wuchs ständig an und mit aktuell zehn Studios (Hygia, Vienna, McV) ist die Gruppe aus der regionalen Fitnesslandschaft nicht mehr wegzudenken.
„Aller Anfang ist schwer“
Am 1. Februar hat das neue Fitnessstudio Hygia 2.0 seine Pforten in der Varrentrappstraße 20 geöffnet, in sieben Monaten wurde das Mammutprojekt gestemmt und soll als Vorzeige-Studio der Hygia-Gruppe dienen und das auf 6.300 Quadratmetern. Hinter dem Macher liegen also viele Baubesprechungen und eine ganze Menge Stress. „Eigentlich haben alle am Anfang gesagt, dass dieses Projekt ist in der Zeit nicht zu schaffen ist, aber wir haben gezeigt, dass es eben doch geht.“ Der neue Fitness-, Wellness- und Spa-Bereich umfasst zwei Etagen im „Sport-Tempel“. Dazu gibt es einen Gerätepark mit elektronischen Premium-Zirkeln, einer großen Functional Zone und einer Boulderwand. Daneben der Cardiopark mit Netflix-Zugang, ein 25 Meter Schwimmbecken ist genauso vorhanden wieein Whirlpool, ein Eisbecken und sechs Saunen, zwei Ruheräume und ein großzügiger Außenbereich runden das Spa&Wellness Angebot ab.
Der Geschäftsführer gibt umunwunden zu, dass aktuell noch nicht alles zu 100 Prozent so ist, wie er sich das vorstellt. „Ich finde aber, dass wir uns in den letzten Wochen ein bisschen zu viel Kritik anhören müssen, denn wir arbeiten wirklich mit Hochdruck daran, dass auch die letzten kleinen Restarbeiten erledigt sind. Die Probleme werden von Tag zu Tag geringer. Wenn ich dann im Internet zeitweise lese, es sei nun alles schlechter als vorher, dann kann ich das schwer nachvollziehen. Wir bekommen von Fachleuten aus der gesamten bundesdeutschen Fitnessbranche, sowie Sportlern hier aus der Region, ein durchweg sehr positives Feedback. Das HYGIA ist modern geworden und seiner Zeit sicher 1-2 Jahre voraus, das scheinen einige nicht zu verstehen. Das ist zeitweise auch für das Team hart, da man sich echt reinhängt und viel negatives Feedback bekommt.“ Es sei einfach nicht richtig, dass die Anlage billig und lieblos hochgezogen sei, einige würden das leider auch zur eigenen persönlichen Abrechnung nutzen, vermutet Haertle. Besondere Kritik gibt es an den getrennten Umkleidebereichen für Black-Card-Inhaber und den anderen Mitgliedern. „Da wird uns eine Zwei-Klassen-Gesellschaft vorgeworfen, aber auch die Black-Card steht allen offen, die sich dafür interessieren und wir machen ja keine Abstriche beim Sportangebot, im Gegenteil!! Ich finde es völlig normal, dass es unterschiedliche Tarife mit unterschiedlichen Leistungen gibt, das ist ja zum Beispiel beim Handyvertrag nicht anders – oder? Unsere Mitglieder können sich über unser modulares Baukastensystem die Leistungen buchen, die sie gern hätten, dies bestimmt den Preis. Dazu gehört natürlich auch die exklusivere Umkleidekabine mit sehr hochwertigen Fliesen im Duschbereich“
Direkt? Ja, absolut!
Reflektiert gibt Haertle aber auch zu verstehen, dass ihm seine direkte Art eben nicht nur Freunde einbringen würde. „Ich bin immer dafür, alles offen, ehrlich und direkt anzusprechen, das kommt eben nicht bei allen gut an. Ich sehe es auch nicht ein, jemandem ein gutes Zeugnis auszustellen, wenn er keine gute Arbeit geleistet hat, nur damit am Ende des Tages Frieden herrscht, so bin ich einfach nicht.“ Er selbst würde sich wohl am ehesten mit den Worten „Hart aber Fair“ beschreiben. „Ich bin absolut hilfsbereit, unterstütze den Tierschutz, viele Vereine in der Region und versuche immer zu vernetzen. Dafür erwarte ich aber einfach, dass man loyal ist und auf Mitarbeiter-Ebene auch hinter seinem Job steht, sonst passt man eben nicht zu mir.“ Das so etwas am Ende des Tages auch einmal dazu führen könnte, dass es verbrannte Erde gäbe und dann vielleicht auch Gegenwind für ein neues Studio, das sei dann eben auch eine Seite der Medaille.
Braucht man das?
Ich gehe im Gespräch einen Schritt weiter: Warum man überhaupt ins Fitnessstudio gehen sollte, will ich von ihm wissen… Laufen kann ich draußen und mein eigenes Körpergewicht zum Training nutzen, dass ist auch kein Problem. „Wer privat trainiert, der hat keinen Trainer der ihn auf seine Fehler hinweist, zudem ist das Verletzungsrisiko gerade im Winter vielfach höher, wenn man an der freien Luft läuft. Ein ganz entscheidender Faktor ist aber, dass man im Fitness-Studio nicht alleine ist, wenn man sich sportlich betätigt. Wir haben eine super Gemeinschaft bei uns, das kann wirklich motivieren.“ In diesem Zusammenhang gibt der Hygia-Chef auch gleich mit auf den Weg, wie man es schafft an seinen sportlichen Vorhaben festzuhalten. „Machen Sie sich eine klare Zielvorstellung davon, was eigentlich erreicht werden soll und in welchem Zeitraum, setzen Sie sich feste Sportzeiten (fixe Termine im Kalender) und am besten trainieren Sie nicht alleine, in einer Trainingsgruppe kann man sich oft besser motivieren. Dabei sollte es schon mindestens dreimal die Woche sein, wenn etwas erreicht werden soll.“ Eine gute Nachricht gibt es dazu: „Wer nicht soviel Zeit hat, dem sei gesagt, dass man in einer Stunde zweimal unserenvollelektronischen milon Trainingszirkel schafft, das reicht absolut um fit zu werden. Wer noch weniger aufbringen kann, der geht zum EMS-Training, da kann schon mit einer Einheit etwas erreicht werden.“
Digital und nach vorne gerichtet
Trends seien aktuell neben Jumping-Fitnessauf dem Trampolin, sicherlich Übungen mit dem eigenen Körpergewicht oder auch Cross-Fit. Daneben würde die Digitalisierung eine immer größere Rolle einnehmen: „Trainingsdaten vergleichen können, Geräte die automatisch den passenden Gegendruck aussenden, vollautomatische Zirkel, dass wird eine immer größere Rolle einnehmen“, erklärt er.
Die Wachstumsraten seien weiterhin positiv, auch weil die Menschen bereit wären mehr für Ihre Gesundheit zu investieren. „Wenn man es vergleicht, was ein Raucher im Monat für Zigaretten ausgibt, dann ist eine Mitgliedschaft in einem Studio immer noch recht erschwinglich“, findet Haertle. Für Firmen biete man zudem besondere Rabatte. „Mit Berücksichtigung des Geldwerten Vorteils, können Betriebe attraktive Angebote für ihre Mitarbeiter buchen. Auch ein Gesundheitstag mit Scan vor Ort in Unternehmen ist möglich. Einzige Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit teilnehmen können und nicht nur die Pausen genutzt werden dürfen. Die Mitarbeiter sollen sich voll darauf konzentrieren können, nur dann macht es auch für uns Sinn und wir kommen gerne kostenlos vorbei“, erklärt er. Dann widmet sich Haertle wieder seinen drei Hunden, die waren zumindest die meiste Zeit friedlich und haben sich zum Abschluss noch einmal eine Streicheleinheit verdient…