Fristlose Kündigung wegen fremdenfeindlicher Beleidigung eines Arbeitskollegen

Arbeitsrecht

25.11.2020

Das Arbeitsgericht Stuttgart (14.03.2019 – 11 Ca 3737/18 -) hat ausgeurteilt, dass grobe Beleidigungen in Form ausländerfeindlicher / rassistischer Äußerungen sowohl in verbaler Form als auch im Rahmen eines WhatsApp – Verkehrs einen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellen können. Dabei steht auch ein kurz zuvor abgeschlossener Altersteilzeitvertrag einer entsprechenden Kündigung nicht zwingend entgegen. Im Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zeitlich kurz vor Ausspruch der Kündigung ist jedenfalls dann, wenn keine abschließende Kenntnis des Kündigungsberechtigten über die Kündigungstatsachen bestand, auch kein Kündigungsverzicht zu sehen.

Das Arbeitsgericht Stuttgart führt aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den bzw. die Betroffenen bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen und eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen.
Der Arbeitnehmer kann sich dann nicht erfolgreich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Entsprechendes gilt auch für bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen, etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt weder Formalbeleidigungen und bloße Schmähungen noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen.

Das Arbeitsgericht hat nach einer durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger die groben Beleidigungen vorgenommen hat. Der Arbeitgeber habe zwar nicht im einzelnen für jede Beleidigung angegeben, an welchem Tag genau wann welche Beleidigung gefallen ist. Er habe allerdings den zeitlichen Rahmen (Dezember 2017 bis März 2018) eingegrenzt und insbesondere angegeben, dass die Äußerungen am Arbeitsplatz gefallen sind. Ferner wurden für mehrere Bereiche konkrete Daten genannt (so z.B. bezüglich der Beleidigung als „Arschloch“ am 28.03.2018 per Sprachnachricht und der Aussage „Dreckstürke“ bzw. „Du hast deine Tochter schon jemand versprochen“). Des Weiteren konnte durch den Zeugen bewiesen werden, dass der Kläger Äußerungen getätigt hatte wie: „In meinen Adern fließt braunes Blut“, „die sind im Anmarsch“, „dann wird mal wieder aufgeräumt“, Kennzeichen 88 beim Pkw).

Das Arbeitsgericht führt aus, dass dem auch nicht der Grundsatz entgegenstehe, dass bei einem wechselseitigen Austausch von Nachrichten in einer privaten WhatsApp Gruppe grundsätzlich von einer Vertraulichkeit auszugehen sei, was bei einer späteren Offenbarung eine Kündigung regelmäßig nicht rechtfertige. Es gehe in der hiesigen Entscheidung nicht um den Sachverhalt, dass in beiderseitigem Einverständnis entsprechendes Material ausgetauscht worden sei. Hier geht es vielmehr um eine anzunehmende Beleidigung, die nicht von der Vertraulichkeit gedeckt sei. Zudem wurden die Nachrichten einseitig von dem Kläger an seinen Arbeitskollegen verschickt.

Der Arbeitgeber hat weder ausdrücklich noch konkludent auf ein Kündigungsrecht verzichtet. Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages hat der beklagte Arbeitgeber keinerlei Erklärungen abgegeben, dass etwa ein Ausspruch einer Kündigung nicht erfolgt. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers ist nicht entstanden.