Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unterliegt die Anordnung von Überstunden der Mitbestimmung des Betriebsrats. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass auch die Duldung von Überstunden mitbestimmungspflichtig sein kann (BAG 28.07.2020 – 1 ABR 18 / 19 -).
Nachdem es in insgesamt drei Fällen zu zeitlichen Überschreitungen der in einer Betriebsvereinbarung festgelegten Schichtzeiten gekommen war, leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren ein und forderte von der Arbeitgeberin, es zu unterlassen, die Ableistung von Überstunden zu dulden oder entgegen zu nehmen, ohne dass hierüber eine Einigung mit ihm herbeigeführt oder die fehlende Einigung durch eine Entscheidung der Einigungsstelle ersetzt worden wäre.
Das BAG wies die Beschwerde zurück. Es führt aus, dem Betriebsrat stünde ein allgemeiner Unterlassungsanspruch aus § 87 Absatz 1 BetrVG nicht zu.
Zwar sei nicht nur die Anordnung, sondern ebenso die Duldung von Arbeitnehmern geleisteter Überstunden mitbestimmungspflichtig, wenn ein kollektiver Tatbestand vorliegt. Auch schließe die vorübergehende Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer einen kollektiven Tatbestand nicht aus. Die seitens des Betriebsrats zur Begründung aufgeführten Anlassfälle trügen allerdings nicht die Annahme einer Duldung von Überstunden durch die Arbeitgeberin. Von dieser könne regelmäßig ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber in Kenntnis der Überstundenleistungen durch Arbeitnehmer untätig bleibt und diese über einen längeren Zeitraum hinnimmt.
Der Duldungstatbestand sei erfüllt, wenn Monat für Monat eine Vielzahl von Arbeitnehmern immer wieder in erheblichem Maße Überarbeit leisten und der Arbeitgeber diese Überstunden entgegennimmt und bezahlt oder die betrieblich-organisatorischen Gründe bedingen, dass Arbeitnehmer häufig über das mitbestimmt festgelegte Schichtende hinaus arbeiten und diese Mehrarbeit angenommen und vergütet wird.
Allerdings ließe sich auf eine Duldung von Überstunden nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls schließen.
Einzelne oder besondere einmalige Umstände sprächen für sich gesehen nicht dafür, dass der Arbeitgeber diese hinnimmt. Es müsse hinreichende Anhaltspunkte für das Fehlen gebotener Gegenmaßnahmen durch den Arbeitgeber geben, um dessen Untätigkeit als ein Hinnehmen werten zu können.