Der Auskunftsanspruch des Arbeitgebers in der Praxis

Arbeitsrecht

18.04.2023

Wenn ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch den Ausspruch einer Kündigung beendet, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Für den Arbeitgeber bedeutet das, dass er das Arbeitsverhältnis so abwickelt wie gekündigt, aber gleichzeitig für die Zeit nach Beendigung Rückstellungen in der Bilanz bildet. Denn falls er den Prozess verliert, besteht das Arbeitsverhältnis fort und die Zeit dazwischen muss unter dem Aspekt des Annahmeverzugs nachgezahlt werden.

Der Arbeitnehmer muss sich auf diesen Zahlungsanspruch aber anderweitigen Verdienst anrechnen lassen. Ferner muss er sich auch denjenigen Verdienst anrechnen lassen, den er böswillig zu erwerben unterlassen hat.

Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 27.05.2020 – 5 AZR 387/19 – festgestellt hat, dass der Arbeitgeber in Rechtsstreitigkeiten über Annahmeverzugslohn einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer hat. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich arbeitslos zu melden und mitzuteilen, ob und wann er sich arbeitssuchend gemeldet hat. Er ist während des Annahmeverzugs ferner verpflichtet, dem Arbeitgeber Auskünfte über Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters zu erteilen.

Derzeit ungeklärt ist, ob der Arbeitnehmer darüber hinaus auch über Eigenbemühungen, die er selbst entfaltet hat, Auskunft erteilen muss.

Dies wird in der Literatur teilweise bejaht.

Das LAG Hessen hatte vor der Entscheidung des BAG festgestellt, dass die Übersendung von Links zu Stellenportalen, gute Jobchancen aufgrund einer Qualifikation oder die bloße Nennung einer Anzahl von offenen und zumutbaren Stellen den Arbeitnehmer nicht zur einer Eigenaktivität verpflichten können. Diese Auffassung hat das LAG Hessen mit einem aktuellen Urteil aus dem Jahr 2021 zumindest teilweise aufgegeben, indem es eine schriftliche Bewerbung sowie fünf telefonische Bewerbungen aus eigener Initiative ausreichen ließ, aber einen darüberhinausgehenden Auskunftsanspruch über Eigenbemühungen ablehnte.

Die Rechtsprechung der Instanzgerichte sieht bislang wie folgt aus:

Das LAG Niedersachsen v. 9.11.2021 – 10 Sa 15/21 – entschied aufgrund des BAG-Urteils, dass der klagende Arbeitnehmer, der sich nicht arbeitslos gemeldet hatte, zu 100% böswillig den Erwerb von Zwischenverdienst verhindert hat.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 30.09.2022 – 6 Sa 280/22 – hat einen fast vier Jahresgehälter umfassenden Annahmeverzugslohnanspruch aufgrund der vom Arbeitnehmer erteilten Auskunft über Bewerbungsbemühungen abgewiesen.

Der Arbeitnehmer hatte sich nach Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg im Verhältnis zu den ihm von der Agentur für Arbeit übermittelten Vermittlungsvorschlägen nur unzureichend beworben. Die 3 Bewerbungen, die er darlegen konnte, obwohl er mindestens 33 Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur bzw. des Jobcenters erhalten hatte, reichten dem LAG nicht. Ob der Arbeitnehmer auch Auskünfte über Eigenbemühungen zu erteilen hatte, hat das Gericht ausdrücklich offengelassen.

Das LAG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 27.07.2023 – 7 Sa 223/20 – entschieden, dass das Auskunftsbegehren des Arbeitgebers hinreichend deutlich gemacht werden muss. Trägt der Arbeitgeber im Prozess lediglich vor, dass anderweitiger Verdienst zu erzielen gewesen wäre, ist das nicht ausreichend.

Derzeit noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob der Auskunftsanspruch gerichtlich auch schon geltend gemacht werden kann, bevor der Arbeitnehmer auf Annahmeverzugslohn klagt. Das ArbG Bonn hat dies verneint (Urteil v. 28.01.2021 – 1 Ca 1806/20 -).