„Nur noch kurz die Welt retten“ – Das dachte sich nicht nur Tim Bendzko im Jahr 2011, sondern auch immer mehr junge Gründer im Jahr 2022. Mit dem eigenen Unternehmen die Welt ein Stück verbessern – besser gesagt – sich durch die eigene Firma für gesellschaftliche, soziale und ökologische Probleme einzusetzen. Hinter sozialen Geschäftsideen stecken meist innovative Geschäftsmodelle und keine klassischen Hilfsorganisationen. Sozialunternehmen lösen besagte Probleme mit unternehmerischen Mitteln. Laut dem Deutschen Social Entrepreneurship Monitor sind Sozialunternehmen überwiegend in den Bereichen Erziehung, Gesundheits- und Sozialwesen sowie dem Informations- und Kommunikationssektor aktiv.
Genau diese Probleme, Ideen und Denkweisen wurden Anfang September beim Social Startup Day im TRAFO Hub thematisiert. Bei diesem Leuchtturmevent kamen Gründer und Vertreter aus der Wissenschaft und der Sozial- und Gesundheitswirtschaft, sowie Vertreter aus Gründungsunterstützungseinrichtungen und der Wirtschaftsförderung zusammen, um Impulse, Podiumsdiskussionen und Unterstützungsangebote für Startups und Gründungsinteressierte zu bie-ten. Die Veranstaltung wurde zudem als aktive Austausch- und Netzwerkmöglichkeiten wahr-genommen.
Spannender Input kam u.a. von:
Zarah Bruhn – eine deutsche Sozialunternehmerin und Bundesbeauftragte für soziale Innovation, die 2016 das gemeinnützige Unternehmen Social-Bee gegründet hat. Mit Social-Bee hat sie das Ziel, die Langzeitarbeitslosigkeit von Geflüchteten zu reduzieren. Es konnten inzwischen schon über 180 Geflüchtete an 70 Unternehmen vermittelt wer-den, zudem hat das Unternehmen 100 Geflüchtete selbst eingestellt. Gemeinsam mit Jung von Matt wurden in diesem Zusammenhang mehrere Plakat-Kampagnen gestartet, die die Vorurteile gegenüber geflüchteten Personen bekämpfen sollen und die ihre sozia-len Kompetenzen, angeeignet durch die schweren Lebensumstände und Fluchterfahrungen, hervorhebt.
Prof. Dr. Günter Faltin – baute nach seiner Promotion 1972 den Arbeitsbereich Entrepreneurship an der Freien Universität in Berlin auf. 1999 folgte die Gründung des Labors für Entrepreneurship, das als Vorbild für den Innovationscampus in Wolfsburg dient. 1985 initiierte er die Projektwerkstatt GmbH mit einer Idee namens „Teekampag-ne“, die seit 1995 als weltweit größter Importeur von Darjeeling-Tee gilt. Faltin ist zu-dem Sponsor des Wiederaufforstungsprojektes S. E. R. V. E. und Gründungsmitglied des Existenzgründer-Instituts e. V. Als Business Angel und Coach ist er in der Startup-Szene aktiv und bekam selbst den Deutschen Gründerpreis verliehen. Günter Faltin gilt als Pionier des Entrepreneurship-Gedankens und wurde 2010 dafür mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet.
Social Entrepreneurship, Social Business oder eben auch Sozialunternehmen passen in den Zeitgeist dieses Jahrtausends. Dabei hat Deutschland eine lange Tradition in der Wohlfahrt und einen starken Sozialstaat geprägt durch Kirchen und das Rote Kreuz, die als nicht-staatliche Institutionen gemeinnützig agieren. Dennoch sollten Social Businesses nicht als Konkurrenten der bestehenden Unternehmen gesehen werden: Eher als eine Erweiterung in Form von Innovationsmotoren, da Sozialunternehmen neue ad-hoc Lösungen zu drängenden Themen wie dem Klimawandel und der Digitalisierung bieten können.
Die steigende Relevanz der Thematik zeigt sich sowohl durch die gegebenen Finanzierungsmöglichkeiten als auch durch den Erfolg der bestehenden Sozialunternehmen. Auch, wenn Social Startups dieselben Hürden meistern müssen wie Unternehmen mit anderer Motivation, sind diese eindeutig auf dem Vormarsch und eine Bereicherung für die Wirtschaft, den Sozialstaat und die Gründungsszene.
Ein Beitrag von Sally Chan aus der Reihe Trafo Post