AWO-Praktikumsbörse und AWO-Integrationsmoderator helfen in den Arbeitsmarkt

Neues aus unseren Mitgliedsunternehmen

14.12.2017

„Chancen und Perspektiven – berufliche Integration Geflüchteter und anderer Migranten“ lautete der Titel einer Informationsveranstaltung in der AWO-Begegnungsstätte in der Frankfurter Straße. Eingeladen hatte die Braunschweiger AWO-Migrationsberatung, um die AWO-Praktikumsbörse und den AWO-Integrationsmoderator vorzustellen, die vor einigen Wochen ihre Räume in der Kuhstraße 11 bezogen haben. Die Anlaufstelle soll Zuwanderern dabei helfen, Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu finden. Während sich der Integrationsmoderator vornehmlich um Geflüchtete kümmert, ist die Praktikumsbörse für alle anderen Migranten aus den unterschiedlichsten Ländern da.

 

AWO: „Fachkräfte arbeiten hier als Taxifahrer.“

 

Julia Gede von der AWO-Praktikumsbörse stellte ihr Projekt vor. Ziel sei es zum einen, Potenziale von Zuwanderern zu erkennen, zu fördern und für den Arbeitsmarkt zu nutzen. „Fachkräfte, die im Herkunftsland gut ausgebildet wurden, arbeiten bei uns oft als Taxifahrer oder Reinigungskräfte“, bedauert Gede. „Je länger sie aus ihren ursprünglichen Berufen raus sind, desto schwieriger wird der Neueinstieg.“ Zum anderen solle mit dem Projekt dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Gede bringt Migranten und Betriebe zusammen und leistet für beide Seiten Netzwerkarbeit, Beratung, Begleitung und Unterstützung. Außer in Braunschweig gibt es auch in Salzgitter und Wolfenbüttel AWO-Praktikumsbörsen.

„Wenn jemand gerne kocht, suche ich für ihn einen Platz in der Gastronomie“

Integrationsmoderator Gerrit Dolle stellte den Unterschied seiner Tätigkeiten zu den Aufgaben der Praktikumsbörse dar: „Ich kümmere mich derzeit hauptsächlich um männliche, syrische Kunden Anfang dreißig – und Frau Gede um den Rest der Welt.“ Dolle sieht seine Aufgaben eher an der Arbeitgeberseite ausgerichtet, baut Kontakte zu Firmen auf und aus. Für eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt seien ausreichende Sprachkenntnisse zwingend erforderlich. Die deutsche Sprache zu erlernen, sei ein Fulltime-Job. Vormittags zum Sprachkursus gehen und nachmittags noch einen Job ausüben – diese Belastung sei für die meisten Geflüchteten zu groß. Bei der Vermittlung in die Betriebe geht Dolle auch immer auf die sozialen Aspekte sowie Hobbies und Interessen ein – dafür seien persönliche Gespräche unabdingbar: „Höre ich heraus, dass jemand gerne kocht, versuche ich, ihm ein Praktikum in der Gastronomie zu vermitteln.“ Er bemüht sich zudem, die Mitwirkung seiner Klienten zu fördern: „Sie müssen sich selbst engagieren.“

 

Das hat auch Majed Osso beherzigt. Der 31-jährige syrische Apotheker kam vor 21 Monaten nach Deutschland, hat schon Sprachprüfungen abgelegt und will so schnell wie möglich seine deutsche Anerkennung als Apotheker erreichen. Dabei hilft ihm ein Praktikum, das er in der Braunschweiger Apotheke K10 absolvieren wird. Vermittelt hat ihm das Praktikum die AWO-Praktikumsbörse.

 

„Nicht die Fehler der Fünfziger- und Sechzigerjahre wiederholen.“

Verschiedene Grußworte und Vorträge beleuchteten das Thema während der Veranstaltung aus unterschiedlichen Perspektiven. So mahnte AWO-Vorstandsvorsitzender Rifat Fersahoglu-Weber: „Wir müssen heute die potenziellen Arbeitskräfte in Arbeit bringen und schnell in unsere Gesellschaft integrieren. Wir dürfen nicht die Fehler aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren wiederholen, als es uns oftmals nicht gelungen ist, die aus Südeuropa angeworbenen Arbeitskräfte zu integrieren.“ Er zeigte sich beeindruckt, „dass Unternehmen dieser Region ein klares Bekenntnis zu einer offenen, bunten, vielfältigen und sozial gerechten Gesellschaft abgeben und sich klar gegen die positionieren, die völkische Töne anschlagen.“

„Migration trägt zum Erfolg der Wirtschaft bei.“

Gerold Leppa, Wirtschaftsdezernent der Stadt Braunschweig, sieht die Integration über den Arbeitsmarkt als eine zentrale Aufgabe unserer Zeit an, um Teilhabe zu ermöglichen. Man solle aber die Erwartungen nicht zu hoch schrauben und den Zuwanderern die Zeit geben, die deutsche Sprache zu lernen. „Die AWO-Praktikumsbörse stellt dabei einen Wert an sich dar, denn im Dialog und durch Erfahrungen und Erlebnisse in einem Praktikum lernt man am einfachsten die Sprache.“ Leppa appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, Migration als Normalzustand zu betrachten. Wer sich mit den Geschichtsbüchern befasse, werde feststellen, dass es Flucht immer gegeben habe. „So haben beispielsweise Holländer einmal unseren Hagenmarkt trockengelegt.“ Die Migration stelle einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg unserer Wirtschaft dar.

„Geflüchtete brauchen Kümmererstrukturen.“

Florian Bernschneider, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Region Braunschweig, begrüßte, dass aus Anlass der Vorstellung der Praktikumsbörse und des Integrationsmoderators überhaupt wieder über das Thema gesprochen werde. „Als 2015 die Geflüchteten zu uns kamen, freuten sich die Arbeitgeber darauf, diese in ihre Betriebe aufzunehmen. Aber nach einiger Zeit fragten sie: ‚Wo bleiben sie denn?‘“ Die Bürokratie ebne den Geflüchteten nicht gerade den Weg in die Arbeit, weiß Bernschneider inzwischen. Fragen der Arbeitssicherheit, kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren seien ebenso Hinderungsgründe wie das Fehlen von Kümmererstrukturen: „Woher bekomme ich einen Anzug, wenn ich als Praktikant in einer Bank arbeite? Wo kann ich zu Mittag essen, wenn ich aufgrund meines Praktikums die Versorgung meiner Unterkunft nicht mehr in Anspruch nehmen kann?“ Geflüchtete brauchten Menschen wie Gerrit Dolle, die Kümmererstrukturen schaffen, sagte Bernschneider.

 

„Bringen Sie die Menschen in einfache Ausbildungsberufe!“

Klaus-Henning Terschüren, Integrationsbeauftragter bei der Kooperationsinitiative Maschinenbau Braunschweig, berichtete von seinen Praxiserfahrungen mit Geflüchteten und sprach sich dafür aus, Geflüchtete vor einer Ausbildung in eine Einstiegsqualifizierung zu bringen. „Ausbildung ist schwer! Bitte bringen Sie die Menschen in einfache Ausbildungsberufe!“ Alle sollen Geduld mitbringen: „Es dauert fünf Jahre, bis die Menschen in den Betrieben integriert sind.“

Handwerk steht ganz oben.

Dr. Alexander Cordes vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr stellte die niedersächsischen Modellprojekte „Überbetriebliche Integrationsmoderatorinnen und –moderatoren“ vor. Seit April 2017 haben 24 Integrationsmoderatoren 481 Unternehmen und 742 Personen beraten sowie 137 Vermittlungen durchgeführt. Bei den Berufen stand das Handwerk ganz oben, gefolgt von Gesundheit/Pflege und der Industrie.

 

Fachkräftegewinnung durch Zusammenarbeit

Dr. Herbert Heinecke von der Allianz für die Region, Bereich Wirtschaftsförderung und Ansiedlung, stellte das Fachkräftebündnis SüdOstNiedersachsen vor und beschrieb, wie die Fachkräftegewinnung und –sicherung durch regionale Zusammenarbeit erfolgen kann. Ziele der Fachkräftebündnisse seien die Verbesserung regionaler Strukturen zur Fachkräftesicherung, die Qualifizierung von Arbeitslosen zur Deckung des Fachkräftebedarfs und Weiterbildungsmaßnahmen von Beschäftigten.

 

Die AWO-Praktikumsbörse wird am Standort Braunschweig gefördert durch das Land Niedersachsen aus dem Europäischen Sozialfonds und die Stadt Braunschweig. Der AWO-Integrationsmoderator wird gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.

Kontakt

AWO-Praktikumsbörse und AWO-Integrationsmoderator
Kuhstraße 11
38100 Braunschweig
Julia Gede (Praktikumsbörse)
05 31 / 48 03 56 21
julia.gede@awo-bs.de
Gerrit Dolle (Integrationsmoderator)
05 31 / 48 03 56 22
gerrit.dolle@awo-bs.de

 

AWO-Praktikumsbörse
Albert-Schweitzer-Straße 22a
38226 Salzgitter
Besart Lahu
05341 / 3 01 30 71
awo-praktikumsboerse-sz@gmx.de

 

AWO-Praktikumsbörse
Im Kamp 3
38300 Wolfenbüttel
Frieda Haberlach
05331 / 8 55 22 40

 

Im Bild: Gerrit Dolle (AWO-Integrationsmoderator), Julia Gede (AWO-Praktikumsbörse), Rifat Fersahoglu-Weber (AWO-Vorstandsvorsitzender), Dr. Andrea Hanke (Sozialdezernentin Stadt Braunschweig), Florian Bernschneider (Hauptgeschäftsführer Arbeitgeberverband Region Braunschweig) und Gerold Leppa (Wirtschaftsdezernent Stadt Braunschweig) bei der Vorstellung der AWO-Praktikumsbörse und des AWO-Integrationsmoderators. Foto: AWO