Wird das Arbeitsverhältnis im Falle einer unwirksamen (sozialwidrigen) Kündigung durch das Gericht gegen Zahlung einer Abfindung auf jeden Fall beendet? Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt die Sozialwidrigkeit einer Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und damit zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
Das Kündigungsschutzgesetz ist also vorrangig ein Bestandschutz- und kein Abfindungsgesetz. Der Arbeitgeber hat im Fall eines verlorenen Kündigungsschutzprozesses das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter fortzusetzen und ihm den Verzugslohn (Entgelt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts) nachzuzahlen.
Dieser Grundsatz wird ausnahmsweise durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass Gründe vorliegen, die es für eine Partei (Arbeitnehmer oder Arbeitgeber) unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen und sich eine von dem Arbeitgeber ausgesprochene fristgemäße Kündigung als sozial ungerechtfertigt herausstellt.
An die Darlegung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses stellt das Gericht hohe Anforderungen. Mit der Sonderregelung des § 14 Abs. 2 KSchG wird der Kündigungsschutz für leitende Angestellte jedoch abgeschwächt in einen Abfindungsschutz. Damit will der Gesetzgeber einer besonderen Vertrauensstellung der leitenden Angestellten Rechnung tragen, wegen derer der Arbeitgeber ein legitimes Bedürfnis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses haben kann. Ob das nötige Vertrauen noch besteht, könne letztendlich nur der Arbeitgeber entscheiden, weshalb auch sozialwidrige Kündigungen es dem Arbeitgeber ermöglichen sollen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen.
§ 14 Abs. 2 S. 2 KSchG setzt voraus, dass es sich um einen Geschäftsführer, Betriebsleiter oder ähnlichen leitenden Angestellten handelt, der zur selbständigen Einstellung oder Entlassung berechtigt ist.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 24.07.2017 – 9 Ca 5771/16 entschieden, dass die betriebsbedingte Kündigung eines 49 Jahre alten, ledigen, für 1 Kind unterhaltspflichtigen Vertriebsdirektor „Makler Pools“, der seit 14 Jahren im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt war, sozial ungerechtfertigt ist. Das Arbeitsverhältnis wurde dennoch auf Antrag des Arbeitgebers aufgelöst und der Arbeitgeber verurteilt, eine Abfindung in Höhe von 247.973,11 € zu zahlen.
Das Gericht stellte klar, dass es keiner Begründung des Auflösungsantrages des Arbeitgebers bedarf, wenn es sich um einen leitenden Angestellten mit Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis handelt.
Die Höhe der Abfindung richtet sich in diesen Fällen nach § 10 KSchG. Hiernach ist bei der Bemessung der Abfindung von einem maximal möglichen Betrag von 12 Monatsentgelten auszugehen. Hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, so ist ein Betrag von bis zu 15 Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr beendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden, so ist ein Betrag von bis zu 18 Monatsverdiensten festzusetzen.
Das Arbeitsgericht führte hinsichtlich der Begründung der Höhe der Abfindung folgendes aus:
Da das Kündigungsschutzgesetz kein Abfindungsgesetz ist, muss dem Arbeitnehmer nicht zwingend die höchstmögliche Abfindung zugesprochen werden. Zwar war zu beachten, dass weder Alter noch seine Qualifikationen Einschränkungen bei der Arbeitsmarktperspektive indizieren. Dennoch war gleichermaßen zu berücksichtigen, dass die Beklagte keinen Auflösungsgrund vorweisen konnte und die Kündigung unwirksam war. In diesem Fall wird überwiegend eine Abfindung von einem Monatsverdienst je Beschäftigungsjahr bzw. der Höchstbetrag der Abfindung nach § 10 Abs. 2 KSchG als Abfindung für angemessen gehalten.
Da die Beklagte bereits eine Abfindung in Höhe von 400.000,00 € in den Vergleichsverhandlungen zugestimmt hatte, hielt die erkennende Kammer den Höchstbetrag für angemessen. Bei einem durchschnittlichen Jahresgehalt des Klägers in Höhe von 247.973,11 € ergab sich, so das erkennende Gericht, dieses Jahresgehalt als Abfindung.
Von Beate Schulte-Schrepping