AGV-Rechtsnewsletter 03|2025: Übertragung von Pflichten im Arbeitsschutz

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19.03.2025

Mitunter kommt es im laufenden Arbeitsverhältnis zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber, ob, in welchem Umfang, wie und mit welchen Konsequenzen Arbeitgeber die ihnen obliegenden Pflichten im Arbeitsschutz auf Arbeitnehmer übertragen können.
Gemäß § 3 ArbSchG sind Arbeitgeber verpflichtet, erforderliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten (positiv) beeinflussen.

§ 13 ArbSchG legt fest, welche Person für die Erfüllung der sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ergebenden Pflichten verantwortlich sind. Das sind der Arbeitgeber selbst, der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers oder das vertretungsberechtigte Organ oder der vertretungsberechtigte Gesellschafter des Arbeitgebers. Gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG kann der Arbeitgeber eine zuverlässige und fachkundige Person schriftlich beauftragen, die dem Arbeitgeber nach dem Arbeitsschutzgesetz obliegenden Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. In der Regel wird der Arbeitgeber oder das vertretungsberechtigte Organ (der Geschäftsführer) die Pflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz nicht erfüllen können. Je größer der Betrieb, desto offensichtlicher ist, dass der Arbeitgeber/der Geschäftsführer dazu nicht in der Lage sein werden.

Für Arbeitgeber ist es deshalb wichtig zu wissen, wie sie die Pflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz auf ihre Arbeitnehmer übertragen können. Für den Arbeitgeber und den betroffenen Arbeitnehmer stellen sich insbesondere folgende Fragen:

  • Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig anweisen, die Aufgaben aus dem Arbeitsschutzgesetz zu übernehmen oder muss der Arbeitnehmer mit der Übernahme der Aufgaben einverstanden sein?
  • Was passiert, wenn sich der Arbeitnehmer weigert die Aufgaben zu erfüllen?
  • Was passiert, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten verletzt?
  • Wer haftet für Fehler (insbesondere Arbeitsunfälle)?

§ 13 Abs. 2 ArbSchG erlaubt es dem Arbeitgeber eine zuverlässige und fachkundige Person schriftlich damit zu beauftragen, dem Arbeitgeber obliegende Aufgaben nach dem Arbeitsschutzgesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Nur weil das Arbeitsschutzgesetz davon spricht, dass die Beauftragung schriftlich zu erfolgen hat, bedeutet das nicht automatisch, dass der Arbeitnehmer mit dieser Beauftragung einverstanden sein muss.

Ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig mit der Wahrnehmung der Pflichten beauftragen kann oder nicht, hängt von der Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag ab. Gehört zur Tätigkeit des Arbeitnehmers auch die Übernahme der Pflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz, reicht das Weisungsrecht gemäß § 106 GewO aus, um dem Arbeitnehmer die Pflichten zu übertragen. Das Einverständnis des Arbeitnehmers ist dann keine Voraussetzung für die Übertragung der Pflichten. Ist die Übertragung der Pflichten vom Direktionsrecht gedeckt, verletzt der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er sich weigert diese Pflichten zu übernehmen oder diese Pflichten zu erfüllen.

Das Schriftformerfordernis aus § 13 Abs. 2 ArbSchG dient dann ja Dokumentationszwecken und darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass ein Einverständnis im Sinne einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlich ist.
Der Arbeitgeber kann grundsätzlich alle Pflichten übertragen, die ihn als Inhaber eines Betriebes treffen. Die Übertragung von Pflichten setzt jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer, auf den die Pflichten übertragen werden sollen, sorgfältig ausgewählt und überwacht wird.
Überträgt der Arbeitgeber Pflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz auf einen Arbeitnehmer, muss der Arbeitgeber darauf achten, dass die Übertragung arbeitsschutzrechtlicher Pflichten hinreichend bestimmt ist und dass der verpflichtete Arbeitnehmer über die auf die jeweilige Aufgabe bezogene Fachkunde verfügt.

Hier finden sich eine Reihe von Musterformularen zur Übertragung von Pflichten nach dem ArbSchG.