Transfer von Wissen: Herausforderung Unternehmensnachfolge – Aktuelle Trends
Gastbeitrag von Julia Blaue, LL.M., Rechtsanwältin und Notarin, Brinkmann.Weinkauf Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
Eine Unternehmensnachfolge ist – nicht nur, aber insbesondere im Mittelstand – eine Herzensangelegenheit. Unternehmer und Unternehmerinnen nehmen von dem eigenen (Lebens)Werk Abschied. Doch auch externe Umstände lassen die Unternehmensnachfolge schwieriger werden. Über aktuelle Trends und Entwicklungen:
In den kommenden drei bis zehn Jahren wird die Herausforderung „Unternehmensnachfolge“ noch dringender. Das kommende Auslaufen der Babyboomer-Generation wird eine große Lücke in den Unternehmen hinterlassen. Aktuell ist bereits jeder zweite Wirtschaftstreibende im Mittelstand 55 Jahre alt oder älter. Vor dem Hintergrund der Welle an Unternehmensnachfolgen ist es sinnvoll, sich möglichst frühzeitig mit der Nachfolge für das eigene Unternehmen zu beschäftigen.
Zu Beginn des Nachfolgeprozesses gilt es eine Schnittmenge zu potenziellen Nachfolgern zu finden. Doch wo und wie kann diese ausgemacht werden?
In Betracht kommen leitende Mitarbeiter/Geschäftsführer des Unternehmens, in anderen Fällen Familienmitglieder, die bereit sind, das Familienunternehmen fortzuführen. Scheiden diese Konstellationen aus, bleibt die Veräußerung an externe Dritte – die nicht selten im eigenen Netzwerk gefunden werden. Doch hier ist das Problem am deutlichsten: es fehlt bereits heute zu oft an geeigneten Übernehmern. Auf der Seite der Unternehmer besteht das Problem häufig darin, dass sie sich nicht rechtzeitig auf die Übergabe des Betriebs an die jüngere Generation vorbereiten. Auf der Seite der potenziellen Nachfolger stehen vor allem Finanzierungsprobleme der Übernahme eines Betriebs im Weg. Auch der demografische Wandel, Fachkräftemangel und eine generelle Unsicherheit im geschäftlichen Umfeld sind weitere Faktoren.
Die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit wird auch die Nachfolgemodelle weiter beeinflussen. Eine bereits heute angesetzte, nachhaltige Unternehmensstrategie kann dazu beitragen, den Unternehmenswert, und somit die Attraktivität für mögliche Nachfolger – insbesondere Dritte – zu steigern.
Neue Perspektiven
Auch generationsübergreifende Kooperationen zeichnen sich als Trend in der Unternehmensnachfolge ab. Hierbei kommen junge Unternehmer und Unternehmerinnen mit etablierten Unternehmen in Kontakt. Über Investoren werden die jungen Unternehmer und Unternehmerinnen dann in die Lage versetzt, sich im Unternehmen einzubringen und für eine gewisse Übergangszeit noch mit der „alten“ Führungsriege zusammenzuarbeiten. Das schafft Synergien und hilft alte Netzwerke und Kooperationen aufrecht zu erhalten.
Häufig äußern Unternehmer, sie seien zu sehr in das operative Geschäft eingebunden gewesen, um sich mit dem Thema Nachfolge tatsächlich auseinanderzusetzen. Ist aber kein „Notfallplan“ gestrickt, kann es zu einer „Lähmung“ des Unternehmens kommen, wenn die Frage der Managementnachfolge nicht hinreichend vorbereitet ist. Auch in Familienunternehmen kann es passieren, dass das Unternehmen aufgrund von Streitigkeiten oder anderen Zwischenfällen im Familienkreis letztlich doch zerschlagen wird. Nicht zu vergessen sind Uneinigkeiten im bestehenden Gesellschafterkreis, die eine Nachfolge erheblich verzögern und sehr kompliziert machen können.
Ein Nachfolgeprozess ist stets effektiv zu gestalten, operative Zyklen des Geschäfts sind zu beachten. So kann es insbesondere für saisonabhängige Unternehmen ein Unterschied sein, in welcher Phase eines Unternehmenszyklus das Unternehmen tatsächlich verkauft bzw. übernommen wird.
Die langfristige und gute Planung einer Unternehmensnachfolge ist essentiell für einen späteren effektiven Übernahmeprozess. Jeder Abschnitt dieses Prozesses beinhaltet seine ganz individuellen Herausforderungen, die aber durch den Unternehmer bzw. die Unternehmerin in Zusammenarbeit mit externen fachlichen Beratern zielstrebig gemeistert werden können.