Ob eine krankheitsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt ist, unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer dreistufigen Prüfung: Die krankheitsbedingte Kündigung ist sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG),
wenn eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegt -1. Stufe-
Eine darauf beruhende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen festzustellen ist -2. Stufe-
Eine Interessenabwägung ergibt, dass die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen – 3. Stufe-.
Die soziale Rechtfertigung der Kündigung scheitert in der Regel in der 3. Prüfungsstufe, wenn sie nicht dem „ultima ratio Prinzip“ entspricht und deshalb unverhältnismäßig ist. Nach der Rechtsprechung des BAG führt das pflichtwidrige Unterlassen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements in der Regel dazu, dass die Kündigung unverhältnismäßig ist.
Nur wenn auch die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements keine positiven Ergebnisse hätte zeigen können, ist deren Fehlen unschädlich. Den Arbeitgeber trifft insoweit eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast. Um darzutun, dass die Kündigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt und ihm keine milderen Mittel zur Überwindung der krankheitsbedingten Störung des Arbeitsverhältnisses als die Beendigungskündigung offenstanden, muss der Arbeitgeber deshalb die objektive Nutzlosigkeit des BEM darlegen.
Was aber, wenn der Arbeitnehmer die Einladung zum BEM ablehnt unter Verweis auf eine bestehende Arbeitsunfähigkeit?
Der Arbeitnehmer kann sich regelmäßig während einer andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht darauf berufen, er sei erkrankt und könne deshalb nicht an dem BEM teilnehmen. Eine solche Äußerung sollte den Arbeitgeber regelmäßig dazu veranlassen, bei dem Arbeitnehmer erneut vorstellig zu werden und ihn darüber zu informieren (sofern noch nicht geschehen), dass eine Erkrankung einem BEM im Grundsatz nicht entgegensteht. Der Arbeitnehmer sollte daraufhin unter Setzung einer Frist aufgefordert werden, entweder nachzuweisen, dass seine konkrete Erkrankung ihm die Teilnahme an einem BEM Gespräch unmöglich macht oder aber zu erklären, ob er unter diesen Umständen an einem BEM teilnimmt oder auf die Teilnahme an einem BEM verzichtet.
Ähnlich kann es dem Arbeitgeber ergehen bei einer fehlenden Rückmeldung auf die BEM Einladung. Der Arbeitgeber sollte in diesen Fällen, in denen keine Rückmeldung auf die Einladung zu einem BEM erfolgt, den Mitarbeiter erneut zu einem BEM Gespräch einladen und ihn darauf hinweisen, dass die Nichtteilnahme an einem BEM Gespräch im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung auch negative Auswirkungen für ihn haben kann. Wie häufig der Arbeitgeber den Mitarbeiter auffordern muss an einem BEM Gespräch teilzunehmen, wenn der Mitarbeiter auf die Einladung einfach schweigt, ist rechtlich nicht entschieden worden und wird nach den Umständen des Einzelfalles durch das Gericht bewertet werden. Typischerweise dürfte spätestens nach einer zwei bis dreimaligen ergebnislosen Erinnerung davon auszugehen sein, dass der Mitarbeiter kein BEM Gespräch wünscht.
Musterschreiben zum BEM können bei uns abgefordert werden.
Von Beate Schulte-Schrepping
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