Erschütterung des Beweiswertes einer im Urlaub diagnostizierten Arbeitsunfähigkeit:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 15.01.2025 (5 AZR 284/24) klargestellt, dass einer im Nicht-EU-Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich der gleiche Beweiswert zukommt wie einer in Deutschland ausgestellten Bescheinigung – vorausgesetzt, der ausländische Arzt unterscheidet zwischen bloßer Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit. Allerdings kann der Beweiswert durch eine Gesamtwürdigung der Umstände erschüttert werden.
Im entschiedenen Fall hatte ein Arbeitnehmer nach mehreren Urlauben im Ausland jeweils unmittelbar im Anschluss Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Im Jahr 2022 wurde ihm in Tunesien für 24 Tage strenge häusliche Ruhe und ein Reiseverbot attestiert, dennoch buchte er bereits einen Tag nach der Diagnose die Rückreise nach Deutschland und trat diese auch an. Eine Wiedervorstellung beim Arzt war nicht angeordnet. Das BAG sah in der Gesamtschau dieser Umstände ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Bescheinigung.
Folge: Der Arbeitnehmer trägt in solchen Fällen die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG.
Für die Praxis bedeutet dies: Arbeitgeber können bei ungewöhnlichen Konstellationen – insbesondere bei Widersprüchen zwischen ärztlicher Anordnung und tatsächlichem Verhalten des Arbeitnehmers – den Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttern . Entscheidend ist stets die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.