Startups und etabliertere Unternehmen = Erfolgsstory?!

Neues aus den Verbänden

02.11.2021

Beim GDV ArbeitgeberDialog ging es in diesem Jahr um die Frage, wie aus frischen Ideen und fundierter Marktkenntnis schnell spannende Erfolgsgeschichten geschrieben werden können. Der Großhandels- und Dienstleistungsverband Braunschweig (GDV) ist der kleinste von drei Verbänden, in der Phalanx von Arbeitgeberverband Braunschweig und NiedersachsenMetall Region Braunschweig. Klein, aber fein und vor allem spannend, das zeigte der Vortragsabend. Ist die Verbindung aus Startups und etablierter Unternehmen schon das Grundrezept einer neuen Erfolgsformel für unseren Mittelstand? Für die Dinner Speeches im Awilon in Wolfsburg kamen gleich zwei spannende Experten.

 

Den Abend eröffnete allerdings der neue GDV-Vorstandsvorsitzende Max Richter, Geschäftsführer der Jesse GmbH & Co. KG. Der neue Vorstand um Nicole Both, Geschäftsführerin AL-Elektronik Distribution GmbH, Justus Perschmann, Perschmann GmbH, und Andreas Sander, KOSATEC Computer GmbH, gab die Marschroute für die kommenden Monate aus. 

 

„Wir wollen helfen, alles ein bisschen weiter zu entwickeln. Jeder hat Herausforderungen und die zu bewältigen, daran wollen wir weiter arbeiten. Sprechen Sie uns an, damit wir Sie unterstützen können. Wir wollen praxisorientierte Lösungen finden und Events wie heute werden immer wieder Impulse bringen“, so Richter.

 

Mit Dr. Markus Pfuhl, früherer Chief Digital Officer der Viessmann Group und Geschäftsführer der Business Area VC/O, gab es einen echten Experten für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in einem Traditionsunternehmen.

 

Transformation verlangt Kommunikation 

 

„Die Welt in der wir Leben hat sich grundlegend verändert – sie ist heute volatiler, unsicherer, komplexer und auch nicht mehr so eindeutig wie früher. Alle Unternehmen müssen sich transformieren und dafür müssen sich die Menschen und die Kultur im Unternehmen ändern“, so Pfuhl in seiner Einleitung. „Veränderung muss vorgelebt werden, da Menschen sehr sensibel sind, wenn Dinge nicht ernst gemeint sind“, erklärte Pfuhl. „Wir haben dazu mit unfassbar vielen Menschen im Unternehmen gesprochen, gerade um zu zeigen, warum wir das alles machen. Wir haben die Kundenzentrierung als oberste Maxime ausgegeben und wollen immer verstehen was den Kunden antreibt.“

Intern habe man dafür auch die Kommunikation grundlegend verändert, weg von der Mitarbeiterzeitung zur eigenen App, von der Mitarbeiterversammlung zu offenen Treffen, alle 4 Wochen. Dort wird auch offen über Fragen zur Unternehmensstrategie gesprochen und kritische Aspekte dürfen – auch anonym – eingereicht werden. „Wir sind viel offener geworden und berichten genau über die Entwicklungen im Unternehmen. Dazu hat sich die Art und Weise wie wir Führung sehen verändert. Es gibt jetzt sehr viel Ende-zu-Ende Verantwortung.

 

„Mit Minderheiten können wir gut leben“

Direkt zu Beginn der Transformation habe man sich intensiv mit Startups befasst und auch in diese investiert. Es sei es generell eine schlechte Idee, wenn man alles alleine machen will. „Wir nennen es Co-Creation und versuchen bei Projekten immer wieder gemeinsam an Lösungen über Abteilungen oder auch Unternehmensgrenzen hinweg zu arbeiten.“ Darüber hinaus hat Viessmann in Berlin den Maschinenraum gegründet. Ein geteiltes Innovationssystem mit sehr vielen Austauschformaten, dem mittlerweile 33 Unternehmen mit 350.000 Mitarbeitern angehören. „Wir organisieren ungefähr 150 Austauschformate im Jahr und reden über Fragestellungen zu den unterschiedlichsten Themen. Zum Beispiel: „Wie sieht die Baustelle der Zukunft aus? Ein Thema das ganz viele Firmen umtreibt, warum also nicht gemeinsam etwas erschaffen?! Bei allen Veränderungen sei es wichtig, dass man nicht zu lange theoretisiere und die Learnings dann auch umsetze.
„Einfach mal machen, statt am Ende immer nur eine Powerpoint-Folie zeigen“, so Pfuhl abschließend.

 

Den Gründer-Geist behalten 

 

Als Startup-Experte berichtete außerdem Dr. Frederick Roehder, Geschäftsführer und Gründer bei Contorion, von der Erfolgsgeschichte seines Onlinehandels für Baustellen- und Werkstattbedarf. Profi-Werkzeug, Verbrauchsmaterial und Betriebsausstattung können einfach online bestellt werden. Das Startup wurde 2017 von der mit Perschmann verbundenen Hoffmann Group übernommen.

 

Den Startschuss zum Unternehmen gab die Erkenntnis der Gründer im Jahr 2014, dass alle Märkte von der Digitalisierung betroffen sein werden. „Wir haben dann geschaut, wer ist da nicht so gut aufgestellt und sind auf den B2B im E-Commerce gestoßen und dort auf den Baustellen- und Werkstattbedarf.“ Das Besondere am Anfang sei gewesen, dass es im Startup keine Hierarchien gab, keine Regeln und man wusste, dass man etwas Neues erschaffen könne.

 

„Wo freies Denken möglich ist, da entstehen Veränderungen“, so Roehder. „2017 kam die mit Perschmann verbundene Hoffmann Group mit der Aussage auf uns zu, dass man uns gerne kaufen würde. Das wollten wir nicht, aber die Leute blieben hartnäckig. Wir waren Venture Capital finanziert und haben uns die Frage gestellt, wo wollen wir hin? Schlussendlich haben wir uns dazu entschieden das Angebot anzunehmen.“ Es sei aber ein besondere Beziehung entstanden. „Wir durften trotz Verkauf selbst entscheiden, man hat uns weiter machen lassen, es durften Fehler passieren, es durfte unsere Kultur weiter gelebt werden.“ Das sei am Ende aus seiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg gewesen. „Die Käufer sind sicherlich ein großes Wagnis eingegangen und haben uns viel Vertrauen geschenkt, aber heute kann man sagen, dass es sich durchaus gelohnt hat. Wir sind von 120 Mitarbeitern auf über 300 gewachsen und waren in der Corona-Krise ein Anker für das Geschäft.“ Es sei wie von Dr. Markus Pfuhl beschrieben: „Manchmal muss man es einfach machen und schauen, wo es einen hinführt.“