Der AGV im Gespräch mit: Theater-Chef Florian Battermann

Geschäftsführer der Komödie am Altstadtmarkt in Braunschweig sowie der Konzertdirektion Hannover, künstlerischer Leiter des Neuen Theaters in Hannover, Schauspieler, Regisseur und Autor von zahlreichen Theaterstücken und das alles in Personalunion und in nur einem Leben – das ist Florian Battermann. Lesen Sie hier, was Elke Fasterding im Gespräch erfuhr… Die Komödie am Altstadtmarkt ist eines von nur 20 Privattheatern in Deutschland und wurde 2003 von Florian Battermann gegründet. In den Räumlichkeiten war zuvor ein Kino.

Wie kommt man mit Ende 20 auf die Idee, selbst ein Theater zu gründen?

„Das Geld hatte ich nicht. Aber ich bin das beste Beispiel dafür, dass man, wenn man etwas schaffen will, das auch schaffen kann. Ich habe einen unheimlichen Unternehmergeist. Ich packe Sachen einfach an.“ Mir gegenüber sitzt ein entspannter Macher. Er hat weder Wunschschauspieler noch Wunschstücke. Er lebt im Hier und Jetzt. Das, was er gerade macht, ist ihm das Liebste. Er ist niemand, der Träumen hinterher jagt. Er lebt sie gleich.

Theater hat ihn schon immer fasziniert. Familiär vorbelastet ist er insoweit aber nicht. Er studierte Germanistik und Geschichte, anfangs auch Theologie. Er hätte sich auch vorstellen können, Historiker zu werden. Noch während des Studiums nahm er Schauspielunterricht. Nach dem Studium hat er in Bonn drei Jahre Theaterleitung gelernt und dabei auch das Kaufmännische. Vom BWL Studium hält er nicht viel. Das sei alles viel zu theoretisch.

Die Komödie am Altstadtmarkt ist ein unsubventioniertes Theater. Die Fixkosten von 1,1 Millionen Euro jährlich müssen erwirtschaftet werden. Da ist noch kein Gewinn enthalten. Beschäftigt sind ohne Schauspieler 25 Personen. „Ich habe schon im Kindergarten Theater gespielt und auch da schon Eintritt verlangt. (lacht) Man ist eben einfach Kaufmann oder man ist es nicht“. Neben Abonnements und Eintrittskarten ist Battermann mit seinem Ensemble deshalb in ganz Deutschland in sogenannten Bespieltheatern unterwegs. Etwa 450 Stück gibt es in Deutschland. Theater, die kein Ensemble haben. Da packt man die Schauspieler in einen Bus, das Bühnenbild in den Lkw und liefert vor Ort ab…Aber auch das ist gut organisiert. Es gibt in Deutschland ja für alles eine Messe. Da nimmt Battermann auch jährlich teil und tritt mit Katalogen an, in denen Stücke 1 ½ Jahre vorher angeboten werden. Aktuell werden die Stücke für die Spielzeit 2018 / 2019 an die Gastspielhäuser verkauft.

Wie kommen die Kontakte zu den Schauspielern zustande?

Manche Schauspieler findet man sogar im Telefonbuch, teilweise geht man über Agenturen, aber die Branche ist ganz gut vernetzt, erfahre ich. Über die Mitgliedschaft im Deutschen Bühnenverein und in der Interessengemeinschaft der Deutschen Tourneetheater kennt man sich und tauscht sich aus. Battermann arbeitet gern mit Menschen zusammen, die anders sind, als er selbst. „Es müssen einfach Menschen sein, die genauso gerne Theater machen wie ich selbst. Die dürfen gerne Ecken und Kanten haben. Weichgespülte Ja – Sager kann ich gar nicht haben.“ Seine Schauspieler wählt er sehr sorgfältig aus. Er engagiert niemanden, den er nicht persönlich näher kennengelernt hat. Michael Schanze, erfahre ich, spielte damals in Berlin. Da fuhr Battermann einfach hin und er suchte ihn auch ein zweites Mal in München auf. Battermann will keine Profilneurotiker. Dafür sei ihm seine Lebenszeit zu kostbar, sagt er. Zeit hat für ihn einen echten Wert.

Färbt das Theater auch auf den privaten Florian Battermann ab?

„Meine Lebensgefährtin würde sagen, es gibt gar keinen privaten Florian Battermann. Wenn Leute mich fragen: Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Dann sage ich als Germanist: Wenn man das mal etymologisch betrachtet, besteht das Wort aus dem Teil „Frei“ und dem Teil „Zeit“. Und Freizeit impliziert ja dann, dass es auch unfreie Zeit gibt. Viele meinen damit ihren Beruf. Ich nicht. Meinen Beruf mache ich freiwillig. Ich mache alles freiwillig. Das heißt nicht, dass mir immer alles auch Spaß macht.“ (lacht) Florian Battermann ist authentisch und er ist unkapriziös.

Wie lernt man Stücke auswendig?

Battermann kennt keine Rollen ad hoc auswendig. Er lernt Rollen relativ schnell. „Wir proben das 4 Wochen lang 6 Stunden täglich. Im Theater geschieht nichts durch Zufall. Die Abläufe werden einstudiert wie eine Choreographie und anhand der Bewegungsabläufe merkt sich der Kopf das durch den Körper“. Eine Technik hat er nicht. Jeder Schauspieler lernt anders. Manche sprechen sich das aufs Band, andere lassen sich abfragen wie bei Vokabeln, so Battermann.

Welcher der vielen Jobs macht am meisten Spaß?

„Immer der, den ich gerade mache. Ich bin allerdings einer dieser Menschen, die denken, dass das Gras auf der anderen Seite immer grüner ist. Wenn ich als Schauspieler auf der Bühne stehe, denke ich, dass Regisseur jetzt besser wäre und wenn ich Regie führe, dann wäre ich lieber auf der Bühne. Aber immer wichtiger ist mir das Schreiben. Das ist kreativer. Wenn man den ganzen Tag mit Leuten zu tun hat, ist das ein täglicher Urlaub“. Nach Schluss des Stückes ist man immer aufgekratzt, erfahre ich. Wenn um 21.30 Uhr Schluss ist, geht man vor 1 Uhr  nicht ins Bett… Die Erfolgsgeschichte des Florian Battermann ist noch lange nicht zu Ende.

 

Foto: Dennis Michelmann